Archiv der Kategorie: Patagonien 2020

8 Wochen Patagonien – Eine kleine Zusammenfassung

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Dieser nette Facebook Post unseres Van-Vermieters trifft den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Trotz der am Ende etwas nervigen Umstände durch die Corona-Pandemie hat unser kleiner Roadtrip eigentlich kaum Schaden genommen und wir haben – bis auf den Surfkurs

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– alles gemacht was wir uns vorgenommen hatten.

Patagonien selbst aber auch unsere Wanderungen, Ausflüge und Touren waren so voller unterschiedlicher Highlights, dass es wirklich schwerfällt ein einzelnes herauszufischen. Wobei, fünf Pumas sieht man wirklich nicht alle Tage neben der Straße rumlungern.

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Eines aber verbindet die Ereignisse: die unglaubliche Freiheit, die ein Van zusammen mit der Möglichkeit zum Wildcamping bietet. Auch wenn wir das schon häufiger für kurze Reiseabschnitte gemacht haben und dadurch schon ganz gut aufeinander abgestimmt sind, war es für uns doch etwas neues eine komplette Reise acht Wochen lang aus einem Van zu erleben. Mit den einzigen organisatorischen Gedanken des Tages an die nächste Frischwasserquelle für den Wassertank und an den nächsten Gulli für das Dreckwasser (und vielleicht hin und wieder mal die Suche nach einer Dusche), konnten wir die Natur und die (doch begrenzte) Kultur viel intensiver genießen als wir das sonst gewohnt waren. So konnten wir die vereinzelten Touristenmassen, die sich zu dieser Jahreszeit noch in manchen Teilen Patagoniens tummeln, getrost umgehen und die Ruhe auf uns wirken lassen oder ganz gezielt ansteuern, wenn wir mal wieder Lust auf ein bisschen Action hatten. Zwar hatten wir dadurch nicht so viel Kontakt zu Einheimischen wie wir das sonst versuchen, dafür aber in den wenigen Fällen vielleicht sogar ein bisschen intensiver!

Außerdem ist die Fahrt mit einem so einfachen Van auf den “Straßen” Patagoniens einfach nur ein Erlebnis für sich und – neben hin und wieder aufkommender Todesangst – einfach nur ein riesen Spaß!!! Wann fährt man schon mal wieder 2000km am Stück auf einer Schotterpiste?!

Auch wenn wir Patagonien jetzt quasi komplett abgeklappert haben, hat Südamerika und Chile/Argentinien natürlich noch einiges mehr zu bieten. Durch Corona haben wir zwar knapp eine Woche Zeit verloren, aber da wir uns so lange in Patagonien aufgehalten haben, war uns zu Beginn der Reise sehr schnell klar, dass wir die nördlicheren Ecken des Landes/Kontinents in so kurzer Zeit nicht mehr erreichen werden. Insbesondere die Atacama-Wüste und die Iguazu-Fälle hätten uns nämlich schon noch gereizt.

Netterweise haben wir von unserem Van-Vermieter einen Gutschein über die verfallenen 6 Miettage bekommen und auch von Iberia haben wir durch Corona einen unerwartet hohen Gutschein für einen weiteren Flug erhalten… Einem weiteren Camping-Abenteuer in Südamerika steht also nicht mehr viel im Weg!!!

Pichilemu, Navidad und Maipo – Sommer, Sonne, Viruspanik

Unser eigentliches Ziel nach dem Nationalpark Conguillio sind die Surf- und Badestrände in Pichilemu und Navidad. Da wir aber immer noch keinen Ersatz für unseren stornierten Rückflug und von StaTravel immer noch keine weiteren Informationen haben, versuchen wir in der nächstgrößeren Stadt Concepción direkt mit Iberia Kontakt aufzunehmen. Das klappt sogar und wir bekommen einen neuen Rückflug eine Woche vor dem geplanten Rückreisedatum. Wir hoffen einfach, dass sich Chile nicht innerhalb von 3 Tagen entschließt nach der Einreisesperre auch noch seine Grenzen komplett dicht zu machen. Beim anschließenden Einkaufen wird auch hier die Angst vor dem Corona-Virus langsam deutlicher. Viele Menschen tragen Mundschutz und teilweise sind Regale im eigentlich riesigen Sortiment von Wallmart leergeräumt (u.a. Klopapier…).

Durch den neuen Rückflug trotzdem erleichtert, fahren wir weiter nach Pichilemu um den Surfern zuzusehen, die in wahnwitziger Weise um ein Kliff herum klettern und sich so in die Wellen wagen oder gleich mit einem Jetski ca. 300m aufs offene Meer hinausgezogen werden. Auch einen Surfkurs hatten wir eigentlich auf der Liste, aber just an diesem Tag hat die Regierung Chiles eine Ausgangswarnung ausgesprochen und so bleiben die meisten Geschäfte geschlossen. Selbst der nette Bäcker, bei dem wir das letzte Brot ergattern, erklärt uns, dass er nur noch jeden zweiten Tag öffnet…

Die nächste schlechte Nachricht lässt auch nicht lange auf sich warten, während eines Spaziergangs am eigentlich ganz schönen Strand von Pichilemu bekommen wir von Iberia die nächste Stornierung unseres Rückflugs. Diesmal ist der Flug von Madrid nach München betroffen. Naja, wir wissen ja jetzt wie es geht, rufen an und buchen gleich wieder um. Da wir uns durch die Ausgangswarnung aber auch nicht mehr allzu viel von den restlichen Orten erhoffen, fragen wir auch gleich noch nach einem früheren Flug. Leider vergeblich und so bekommen wir einen neuen Flug für den gleichen Tag mit 9 Stunden Aufenthalt in Madrid. Nicht gerade toll, aber immerhin etwas.

Den Abend verbringen wir bei ein paar Flaschen Wein mit einem deutsch-österreichischen Pärchen in ihrem amerikanischen Wohnmobil, welches sie sich in Chile gekauft haben und aussieht wie aus den 70ern. Am nächsten Morgen fahren wir weiter nach Navidad; dort ist weniger Surfen, sondern eher Baden angesagt, aber auch hier lässt uns das Wetter im Stich. Der in dieser Region übliche Morgennebel will einfach nicht abziehen und für die nächsten Tage ist auch keine Besserung in Sicht.

Und wie sollte es anders sein, kommt auch gleich die nächste Stornierung von Iberia via E-Mail. Wir können zwar wieder umbuchen, allerdings nur für einen Flug zwei Tage später und langsam wird uns die Situation etwas gespenstisch. Denn die Regierung kündigt immer schärfere Maßnahmen an (unter anderem eine nächtliche Ausgangssperre) und das Vertrauen in Iberia haben wir auch verloren. Auch die nette Dame am Service-Telefon meint nur unter vorgehaltener Hand, sie würde es nicht riskieren noch so lange im Land zu bleiben, immer mehr Flughäfen machen dicht…

Um im Zweifel möglichst schnell am Flughafen zu sein, verlassen wir am nächsten Tag Navidad in Richtung des Maipo-Valleys. Von hier aus können wir den Van innerhalb von 45 Minuten zurückbringen und das Wetter soll auch besser sein. Ist es auch, aber der Corona-Virus wird immer präsenter. Überall Menschen mit Mundschutz, Blockabfertigung an Supermärkten, Campingplätze und Nationalparks werden geschlossen und viele Menschen trauen sich nicht mehr vor die Tür. Wer soll es ihnen auch verdenken, einen Ausbruch wie in Europa oder Asien würde das Gesundheitssystem vermutlich nicht mal ansatzweise verkraften. Deshalb buchen wir unabhängig von Iberia einen neuen Rückflug, so haben wir einerseits einen Trumpf im Ärmel, wenn wieder was storniert wird, gleichzeitig sind die Tickets alle bis kurz vor Abflug erstattbar (da hat Corona jetzt doch noch was Gutes Winking smile )

Auch wenn die Flugsuche etwas nervenaufreibend ist, können wir doch immerhin noch ein bisschen das warme, sonnige Wetter im Valley genießen und ein wenig Vitamin D tanken, bevor wir uns am Montagabend – 6 Tage vor dem eigentlichen Ende – nach Santiago begeben und den Camper zurückgeben. Nach einem letzten netten Plausch mit Danny – der es gar nicht glauben kann, dass wir 5 Pumas gesehen haben und sich riesig über unseren Corona-Sixpack freut – machen wir uns auf, um über Toronto zurück nach Deutschland zu fliegen. 33 Stunden Reisezeit und wir fragen uns langsam wirklich, ob wir es irgendwann mal wieder schaffen ohne Katastrophen aus einem Urlaub zurückzukommen…

Pucon – Sieben Seen und rauf auf einen aktiven Vulkan

Die Fähre über den Lago Pirahuelco verläuft entlang des (privaten) Bioreservats Huilo Huilo, welches wir eigentlich besuchen wollen. Während der Fähre werden wir gleich zweimal zu unserem Camper angesprochen und sogar von einem netten älteren Mann zu sich nach Hause nach Pucon eingeladen. Angekommen am Besucherzentrum des Reservats stellt sich aber heraus, dass die Flüsse, welche die Wasserfälle – Hauptattraktion des Parks – speisen, ausgetrocknet sind und deshalb fahren wir – bei miesem Wetter – direkt weiter nach Panguipulli, dem Ausgangspunkt für die chilenische Variante einer Sieben-Seen-Tour.

Jetzt werden wir auch wirklich von Corona eingeholt, denn unser Rückflug wird storniert und es bleibt im Verlauf der nächsten Tage unklar, wer uns jetzt einen neuen organisiert. StaTravel – unser Reisebüro – macht nämlich keine Anstalten und reagiert nicht auf E-Mails, es bleibt also spannend…

Da wir seit Argentinien genug von diesen Seen-Touren haben, machen wir uns direkt auf zu unserem eigentlichen Grund für diesen Abstecher – der aktive Vulkan Villarrica. 2847 Meter hoch, zuletzt ausgebrochen 2015, letzte nennenswerte Aktivität im November 2019. Und das Beste, man kann den Krater relativ entspannt mit einem Bergführer erreichen. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen und versuchen unser Glück in Conaripe, um den Vulkan von dessen angeblich schöneren Südseite zu besteigen. Leider sind hier aufgrund der Nebensaison keine Führer mehr stationiert, weswegen wir auf den deutlich touristischeren Ort Pucon ausweichen müssen. Durch die Nebensaison ist es aber auch hier relativ entspannt.

Nachdem wir ein paar Tourenanbieter verglichen haben und auch Kerstin ein gutes Gefühl hat den Aufstieg zu schaffen, geht es am nächsten Tag auch gleich los. Wir haben dabei riesiges Glück, die letzten fünf Tage gab es aufgrund von schlechtem Wetter nämlich keine Touren, der nächste Tag soll aber perfekt werden!

Nach einer Nacht am Stadtstrand von Pucon geht es um 6 Uhr morgens los. Wir müssen unsere Ausrüstung anprobieren, unseren Proviant irgendwie in die Rucksäcke mit der Ausrüstung unterbringen. Dabei ist noch ein Pärchen aus San Francisco und unsere beiden Führer Joaquin und Felipe. Danach geht es rund 40 Minuten mit dem Auto auf ca. 1400 Höhenmeter in den Nationalpark und los geht der Aufstieg. Naja nicht ganz, die ersten 400 Höhenmeter sind relativ langweilig und es wird empfohlen dafür einen etwas abgehalfterten Sessellift (ohne Sicherungsbügel) zu nehmen, um sich die Puste für den schweren Teil des Aufstiegs zu sparen. Auf 1800 Meter angekommen, geht es dann aber wirklich los. Zuerst durch Vulkangestein bis wir die ersten Ausläufer des Gletschers erreichen, der die Spitze des Vulkans schmückt. Nach einer kurzen Einweisung von Felipe wie man sich im Falle eines Sturzes am besten mit seiner Eisaxt rettet heißt es, Steigeisen anziehen und im Zickzack den Gletscher nach oben. Im ersten Moment sieht das durch die Form des Vulkans halsbrecherisch steil aus, aber nach ein paar Schritten gewöhnt man sich daran und wir stapfen unserem Führer Schritt für Schritt hinterher.

Mit uns begeben sich ca. 60-80 Leute auf den Vulkan, das klingt erstmal viel aber in der Hauptsaison sind es über 300! Alle im Gänsemarsch über den Gletscher, unterbrochen wird dieser meditative Moment aber immer wieder durch laute “Roca”-Rufe und Trillerpfeifen. Sei es durch Bergsteiger, Wind oder die Sonne, lösen sich nämlich immer wieder kleine und mittelgroße Steine vom oberen Teil des Vulkans und die schießen mit teilweise Höllentempo nach unten. Oben am Gletscher angekommen, lassen wir unser Gepäck zurück und bewältigen die letzten paar schneefreien Höhenmeter zum Krater nur mit Kamera und Gasmaske bewaffnet. Dann steht man da am Rande des rauchenden Kraters, sieht die verschiedenen Farben und hört immer wieder ein Grollen aus dem Schlund. Einfach nur atemberaubend! Gleichzeitig hofft man natürlich, dass die gelbe Warnstufe nicht mit mal zur roten wird…

Zurück an unserem Gepäck ist Mittagessen angesagt. Dann wieder hektische “Roca”-Rufe, lautes Pfeifen gefolgt von einem vielstimmigen “Uhhh” und einem “Hat’s oan dawischd?” aus einer Lederhose – vor Bayern ist man auch wirklich nirgends sicherI don't know smile. Da wir nichts sehen konnten, werden wir von Joaquin aufgeklärt. Ein Stein ist wohl nur Zentimeter über den Helm eines sich duckenden Wanderers geflogen.

Wenn genug Schnee liegt, kann man den Abstieg mit einem Bob aka Porutscher deutlich beschleunigen. Das ist aber leider nicht der Fall und daher heißt es Steigeisen wieder anziehen und im Gänsemarsch den steilen Gletscher über ein Gemisch aus schmelzendem Schnee, Eis und Steinen wieder runter. Die letzten Meter bewältigt Tobi zusammen mit Felipe dann noch durch “Boot-Skiing”. Joaquin sagt dazu nur, “they are children”!

Am nächsten Tag fahren wir dann noch für eine Nacht in den Nationalpark Conguillio mit dem Doppelkratervulkan “Llaima” (3125m) und der Wanderung zum “Mirador Sierra Nevada”. Diese bietet nicht nur eine tolle Aussicht auf den Vulkan, sondern führt uns auch zu den “Araucania” Bäumen, welche der Region ihren Namen geben. Außerdem sehen wir endlich den Rotkopfspecht, den wir schon in ein paar Parks gehört, aber nie zu Gesicht bekommen haben!

Leider holt Corona uns jetzt so richtig ein. Denn wir haben von StaTravel immer noch nichts gehört, Chile kündigt an seine Grenzen zu schließen und wir haben immer noch keinen neuen Flug. Langsam wird es immer “gefährlicher”, dass in zwei Wochen vielleicht keine Flugzeuge mehr fliegen oder sich die ganze Welt noch mehr abriegelt. Deshalb entschließen wir uns zur Vorsicht nicht im Park zu bleiben, sondern uns Santiago anzunähern, damit wir im Zweifel schnell reagieren können. So warten wenigstens noch ein paar Tage am Strand auf uns…

Bariloche – ein bisschen Alpen-Feeling

Während der Corona-Virus Deutschland in Atem hält, verlassen wir Chile ein letztes Mal in Richtung Argentinien, um uns die dortige 7-Seen-Region und das Gebiet um Bariloche anzusehen – wir starten mit letzterem. Obwohl Bariloche als die Schweiz Südamerikas zählt und hier sehr viele Gutbetuchte Sommerresidenzen besitzen, ist die Gegend hier sehr kriminell. Hier wurden schon mehrfach Einbrüche in Camper gemeldet, sogar während der Nacht. Deshalb hat uns CondorCampers schon am Beginn der Reise empfohlen das WIld-Campen hier zu unterlassen und besser auf bezahlte Campingplätze auszuweichen. Wir suchen uns einen im netten, von Schweizern gegründeten, Vorörtchen Colonia Suiza und jetzt werden wir auch das erste Mal mit Corona konfrontiert. In der allgemeinen Küche steht eine Flasche Desinfektionsmittel, verbunden mit dem Hinweis auf das Virus. Außerdem treffen wir unseren etwas wortkargen deutschen Retter wieder, der uns das letzte Mal mit der leeren Autobatterie geholfen hat.

Bariloche hat seinen Beinamen aber nicht nur wegen der Gründerväter (und den für “normale” Argentinier unerschwinglichen Wohnkosten), sondern insbesondere wegen seiner Lage am See inmitten einer imposanten Berglandschaft. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und nehmen uns zwei Wanderungen zu – ganz im Sinne des Alpen-Feelings – Berghütten vor. Die erste führt uns zum Refugio Italia, sie beginnt quasi direkt am Campingplatz und führt uns erst durch einen schönen Urwald nur um uns dann innerhalb weniger Kilometer ungefähr 1000m nach oben zu bringen. Gut, dass wir mittlerweile voll im Training sind und so schaffen wir den für fünf Stunden angesetzten Aufstieg in ungefähr dreieinhalb. Belohnt werden wir mit wenig Touristen, einem wunderschönen See (Lagune Negra) in den Anden und einer witzigen Blechhütteninterpretation einer “Berghütte”.

Wieder zurück stolpern wir mitten in Alpenfolklore. Es ist nämlich Sonntag, das kleine Örtchen wird sichtbar zum Touristenmagneten und bedient das Klischee mit etwas das an Biergartenstimmung erinnert. Absolut schräg und wir finden es so witzig, dass wir nach einem regionalem Bier mit Gitarren-Livemusik spontan entscheiden eine Nacht länger zu bleiben.

Ein Tag Ruhe tut uns aber auch gut, denn die nächste Wanderung zum Refugio Otto Meiling im 80 km südlichen Nationalpark Nahuel Huapi bewältigt wieder über 1000 Höhenmeter. Den “freien” Tag verbringen wir mit einem ausgedehnten Frühstück, bevor wir uns langsam entlang des gleichnamigen Sees in Richtung Nationalpark aufmachen und immer wieder für die malerische Kulisse Halt machen.

Im Nationalpark finden wir am Lago Hess einen traumhaft ruhigen Schlafplatz, genießen den Sonnenuntergang über dem Gletscher “del Manso”, zu welchem wir am nächsten Morgen sehr früh aufbrechen werden. Denn zum Start der Wanderung zum Refugio müssen noch ca. 50km im Halbdunkeln über die Schotterpisten des Parks bewältigt werden. Die haben es in sich, aber der Sonnenaufgang und die tolle Szenerie mit Morgennebel während der Fahrt entschädigt für das frühe Aufstehen und die durchgerüttelten Knochen. Auch die Wanderung ruft wieder mal diesen Leinwandeffekt hervor, denn sobald man die ersten rund 700 Höhenmeter hinter sich hat, läuft man inmitten einer beindruckenden Szenerie von Gebirge, Vulkangestein und Gletschern bis man das Refugio erreicht, welches genau zwischen zwei Gletschern – “del Manso” und “Castano Overo” – Unterschlupf für Wanderer bietet. Zwar bleiben wir nicht über Nacht, aber da wir so früh los sind und die Busse aus Bariloche erst sehr viel später ankommen, haben wir die Aussicht fast für uns alleine.

Unsere letzte Etappe in Argentinien führt uns entlang der “Ruta de los Siete Lagos” wieder nach Norden und wir sind froh neben den Seen noch Bariloche besucht zu haben. Die Seen stehen zwar in jedem Reiseführer, mehr als ein “ganz nett” huscht uns eigentlich nur einmal über die Lippen und das liegt an einem Wurf kleiner Katzenwelpen und nicht am See.

Zurück nach Chile geht es über den Paso Huahum und hier holt uns Corona nochmal ein. Denn wir müssen eine eidesstattliche Erklärung über unsere Aufenthalte außerhalb Chiles der letzten 30 Tage unterschreiben. Gut, dass wir da nicht in Deutschland waren, sonst kämen wir vermutlich in Quarantäne! Außerdem wird unser Camper hier zum ersten mal so richtig (knapp 10 Minuten) nach Essen untersucht. Das hatten wir so auch noch nicht erlebt. Danach geht es mit einer Fähre zurück in die vulkanisch aktive Region La Araucania, die vorletzte Etappe unserer Reise…

Puerto Montt – ein Wiedersehen und deutsche Kultur inmitten von Vulkanen

Nach der Fähre aus Chiloe fahren wir direkt nach Puerto Montt, denn wir haben uns mit Chopan – einem der beiden Radfahrer aus Punta Arenas – verabredet. Er wohnt hier, führt ein kleines Naturkosmetikgeschäft und hat uns zu sich, seiner Freundin und seinem Vater nach Hause eingeladen. Wir treffen ihn gegen 18 Uhr in seinem Geschäft, da er aber noch bis 20 Uhr geöffnet hat, schauen wir uns noch in der ersten größeren Stadt seit Punta Arenas ein wenig um, unsere Begeisterung hält sich aber in Grenzen. Das “aufregendste” ist, dass wir das erste mal etwas von den in Chile kursierenden Unruhen mitbekommen. Als wir auf der “Plaza del Armas” sitzen (so heißt in jeder Siedlung der Hauptplatz), zieht eine Gruppe von vielleicht 30-50 Demonstranten zwei Blöcke entfernt an uns vorbei. Erst denken wir uns dabei nichts, doch dann steht an einer Ecke des Platzes auf einmal die Straße “in Flammen”. Reine Provokation der Polizei wie wir später erfahren (diese greift nämlich aus Respekt vor größeren Unruhen nur im Notfall ein), aber für uns trotzdem Grund genug ein wenig das Weite zu suchen – es ist eh schon fast 20 Uhr.

Chopan zeigt uns dann kurz sein zu Hause und gibt uns einen Restaurant-Tipp, den wir dankbar annehmen. Er muss nämlich gleich nochmal weg und so beschränkt sich unser Wiedersehen auf eine gemeinsame Flasche Wein nach dem Abendessen, wo wir auch seine Freundin und seinen Vater kennenlernen. Nach einer Nacht in unserem ersten richtigen Bett seit fast 6 Wochen – kaum zu glauben wie gut sich 80cm zu zweit anfühlen können Winking smile – lernen wir auch noch Chopans Großmutter kennen, die gerade eine 10-stündige Busfahrt aus Santiago hinter sich hat. Für uns ist das dann auch das Zeichen die Familie wieder allein zu lassen, aber auch wenn das Wiedersehen kurz war, ist “Couchsurfen” doch immer wieder eine großartige Erfahrung!!!

Für uns geht es auch direkt weiter in die Sieben-Seen-Region, hier sollen nämlich traumhafte Seen und mehrere aktive Vulkane auf uns warten! Dafür starten wir in Puerto Varas am Lago Llanquihue eingerahmt von den Vulkanen “Osorno” und “Calbuco”. Letzteren könnte man eigentlich erklimmen, aber da er vor einigen Jahren spektakulär über eine Woche ausgebrochen ist, ist das immer noch verboten. Alle Orte am See haben ein durch Einwanderung geprägtes starkes deutsches Erbe und das sieht man schon in Puerto Varas an jeder Ecke. Die Kirche sieht irgendwie deutsch aus, viele Straßen tragen typische deutsche Namen und selbst die Feuerwehr heißt hier “Feuerwache”. Alles ein bisschen skurril und auch ein wenig aufgesetzt (z.B. ist die Kirche aus Wellblech, was ihr von Nahem jeglichen Charme raubt), aber trotzdem irgendwie ganz witzig!

Unser Ziel ist aber auch weniger die Stadt, sondern der See und nachdem es Nachmittags irgendwann aufhört zu regnen, fahren wir ca. zur Hälfte um den See. Dabei kommen wir dem Vulkan Osorno immer näher und er gibt immer wieder ein tolles Motiv hinter dem See ab. Nach einer Nacht direkt am See fahren mit dem Van am frühen Morgen die ca. 400 Höhenmeter zum „Basislager” des Vulkans und werden mit einem traumhaften Blick auf den See mit dem Vulkan direkt vor unserer Nase belohnt. Weiter geht es allerdings nicht, für Touren auf den Vulkan finden wir keinen Anbieter und deshalb begnügen wir uns mit einer ca. 5-stündigen Wanderung auf der anderen Seite des Vulkans entlang des Lago Todos Los Santos. Hier überquert man auch mehrere Metertiefe Rinnen, die die Lava bei seinem letzten Ausbruch im 19ten Jahrhundert hinterlassen hat und welche direkt im See münden.

Nach einer Abkühlung im See, hier ist das Wasser nämlich endlich mal warm genug zum Baden, verbringen wir unsere vorerst letzte Nacht in Chile. Wir planen nämlich noch einen letzten Übertritt nach Argentinien, genauer gesagt nach Bariloche, die Schweiz Südamerikas…

Chiloe – abseits des üblichen Pfades?

Nach knapp fünf Stunden auf der Fähre kommen wir auf der Insel Chiloe in der Stadt Quellon an, welche uns vielfach als sowohl ursprünglich und eine Art Geheimtipp empfohlen wurde. So erleben wir erstmal einen kleinen Kulturschock, nach der Ruhe und Abgeschiedenheit des Südens ist hier nämlich richtig was los! Das liegt natürlich daran, dass wir der Hauptstadt Santiago langsam näher kommen und insbesondere nicht mehr durch mehrere Fähren von ihr getrennt sind. Das schöne ist, es ist aber kaum touristisches Treiben, sondern alltägliches. Es ist Samstag, es gibt einen Flohmarkt, man möchte uns zum Eintritt in irgendeine Kirche bekehren, überall sind Verkaufsstände entlang der Hauptstraße und auch der Stadtstrand, an welchem wir den fehlenden Schlaf nachholen, ist gut gefüllt. Es macht Spaß den Menschen in Ihrem Alltag zu begegnen.

Nachdem wir in der Touristeninformation nur wenig hilfreiches erfahren, lassen wir uns einfach ein wenig treiben und besichtigen zuerst das vermutlich einzige “internationale” Highlight der Insel. Direkt am Stadtstrand von Quellon endet die berühmte Panamericana, eine Straße, welche in Alaska beginnt und eben bis nach Chiloe führt. Teile davon sind wir auch schon in Kanada und den USA gefahren. Wir hoffen ein wenig auf emotionale Momente von Reisenden, die hier ankommen und sich in den Armen liegend zur Bewältigung der Strecke gratulieren. Leider vergeblich. Nichtsdestotrotz verbringen wir den ganzen Nachmittag und den nächsten Morgen am Strand, denn es ist herrlichstes Wetter und die Gelassenheit, die die Einheimischen trotz teilweise offensichtlicher Armut (Chiloe ist die ärmste Region Chiles) ausstrahlen, ist einfach ansteckend.

Am Nachmittag fahren wir weiter nach Queilén, hier soll es nämlich manchmal Pinguine und Delfine direkt an den Strand verschlagen. Zwar verlässt uns das Glück diesmal, aber wir machen einfach weiter, wo wir in Quellon aufgehört haben und legen uns gemütlich an den Strand. Auf dem Weg haben wir aber noch eine interessante Begegnung. Wir nehmen die kleinere – und natürlich aus Schotter bestehende – Straße, die wir quasi für uns haben. Ungefähr auf halber Strecke sehen wir eine vielleicht 70-jährige Dame in der Nähe einer Kuh-Herde in die gleiche Richtung laufen, in die wir fahren. Je näher wir kommen, desto abgekämpfter sieht sie aus (es ist nämlich über 30°C) und als sie dann die Hand hebt, nehmen wir sie natürlich mit. Da die Verständigung diesmal irgendwie nicht funktioniert, hoffen wir einfach, dass sie uns sagt wann sie raus will, angeschnallt ist sie hinten im Van nämlich nicht, aber als wir ihr einen Platz bei uns vorne anbieten winkt sie ab. Irgendwie verhilft sie uns dann auch durch eine Art Straßensperre/Baustelle. Wir werden nämlich von zwei leicht suspekten Typen angehalten und in eine Seitenstraße gewiesen, die wir eigentlich nicht nehmen wollen. Nach einer Diskussion mit unserer Hitchhikerin – von der wir nicht ein Wort kapieren – können wir aber weiter. Kurze Zeit später tippt sie uns dann auch an, sie will nämlich bei einem Fußballspiel neben einer Kirche (es ist Sonntag) aussteigen und nach Küsschen und Umarmung geht sie ihres Weges. Was man halt so erlebt, wenn man die Hauptstraße mal verlässt…

In den nächsten beiden Tagen besuchen wir Cucao mit den Muelle de las Almas, welche ein Pfad für die Seele in den Himmel darstellen sollen, und die größte Stadt der Insel namens Castro welches für seine Stelzenhäuser bekannt ist. Beides haut uns jetzt nicht wirklich vom Hocker und auch die Geschichte des “versunkenen Waldes” ist deutlich spektakulärer als seine Erscheinung. Hier ist nämlich vor einiger Zeit bei einem Erdbeben die Oberfläche um zwei Meter abgesackt nur um anschließend von einem Tsunami überspült zu werden. Die Bäume auf dieser Fläche sind dann im Salzwasser ertrunken (heißt, man sieht tote Bäume…). Wir genießen aber weiterhin die Ruhe an den Stränden in Chiloe, die wir immer wieder finden und an einigen davon auch über Nacht bleiben.

Richtig schön ist dafür die kleine Insel Quinchao, welche man mit der Fähre erreicht (und wo wir fast einen bellenden Mitfahrer bekommen hätten Winking smile ). Die Insel ist hauptsächlich durch einige, für Chiloe typische Holzkirchen bekannt, aber auch die Natur ist durch die nur wenigen Menschen noch häufig ursprünglich und es macht einfach Spaß mit dem Van über die Insel zu düsen. Da sie so klein ist, reichen vier Stunden dafür auch vollkommen aus…

Der letzte Tag hat dann noch ein kleines Highlight parat, denn wir wollen uns noch eine Kolonie von Magellan- und Humboldt-Pinguinen anschauen. Unser erster Versuch dorthin zu gelangen scheitert, denn die Straße vom versunkenen Wald zur Kolonie ist für unseren Van nach ca. 1/3 der Strecke zu sandig und zu steil, so dass wir umkehren müssen. Der zweite Versuch (und deutliche Umweg) klappt dann und es geht erstmal ans nordwestliche Ende der Insel und dann noch ca. einen Kilometer mit dem Van auf den Strand. Nach der letzten Erfahrung mit Sand ein wenig gruselig, er schafft es aber doch ohne Probleme. Wir sehen die Pinguine dann auch direkt vom Strand und sparen uns deshalb aus Tier- und Kostengründen die Bootsfahrt, welche teilweise absurd nahe an die Pinguine heranfahren.

Nach einem letzten Picknick an einem letzten einsamen Strand in Chiloe geht es dann mit der Fähre zurück aufs Festland nach Puerto Montt, wo ein Wiedersehen auf uns wartet.

Carretera Austral – 1200 km spektakuläre Landschaft (Teil 2)

Nachdem wir jetzt auch schon fast 2/3 der Carretera Austral hinter uns haben, ist es nämlich Zeit sich um den nächsten Abschnitt zu kümmern, die Insel Chiloe. Dazu erkundigen wir uns nach den Fährmöglichkeiten, es gibt nämlich drei Möglichkeiten (wohlgemerkt, Luftstrecke sind ca. 300km): 1500km durch Argentinien plus eine Fähre für 15€, 1000km und drei Fähren für zusammen 80€ oder 500km und eine Fähre für 140€. Alles ganz schön heftig (und im Endeffekt fast alles gleich teuer), aber wir entscheiden uns für die kürzeste Variante, allerdings mit dem Problem, dass die Fähre nur dreimal die Woche fährt, Mittwoch, Donnerstag und Samstag. Super, da es Mittwoch ist, müssen wir unser (überschaubares) Restprogramm auf der Carretera Austral entweder in 3 oder 7 Tagen durchziehen. Wer denkt sich den so einen Fahrplan aus? Da uns sieben Tag zu lange sind, entscheiden wir uns für die Samstagsfähre um 8 Uhr morgens und beeilen uns zum nächsten Nationalpark weiterzukommen.

Der Parque Nacional Queulat ist hauptsächlich für seinen hängenden Gletscher bekannt, da wir davon aber langsam genug haben, interessiert uns der hier vorkommende Nebelwald sehr viel mehr und uns wurden zwei Wanderungen empfohlen um selbigen zu genießen. Leider endet der Versuch den südlichen Sendero Bosque Encantado zu erkunden bereits nach wenigen hundert Metern vor einem Fluss ohne Brücke, der Weg wird nämlich aktuell nicht gepflegt und ist daher offiziell geschlossen. Für den zweiten  Wanderweg sind wir an diesem Tag um drei Uhr bereits zu spät dran, der Park schließt nämlich um 17:30 Uhr und man lässt uns nicht mehr rein. Sad smile Daher verbringen wir den Nachmittag im von Deutschen gegründeten Dörfchen Puyuhuapi direkt am See und schaffen es mal wieder unsere Autobatterie zu leeren, weil wir das Licht vergessen auszuschalten. Diesmal kostet es uns allerdings deutlich mehr Aufwand wieder in Gang zu kommen. Nachdem die ersten beiden Versuche mit einem hektischen Chilenen und einem Polizeiauto erfolglos sind, eilt uns ein (etwas zu mürrischer und pessimistischer) deutscher Reisender zu Hilfe und wir bekommen den Van nach fast 30 Minuten wieder zum brummen. Die Batterie war vermutlich richtig leer. Irgendwie nicht unser Tag heute, aber davon lassen wir uns die gute Laune natürlich nicht verderben. Winking smile

Nachdem wir am nächsten Morgen zur Wanderung aufbrechen, ist der Ärger auch schon fast wieder verflogen und wir genießen einfach die Schönheit des Waldes, der uns ein wenig an den Mossy Forest in Malaysia erinnert. Das liegt natürlich auch dran, dass es die letzten Tage immer wärmer geworden ist und hier kommt jetzt auch noch die hohe Luftfeuchtigkeit dazu. Patagonien hat echt von jeder Klimazone was zu bieten und wir sind froh variable Kleidung dabeizuhaben!

Das nächste “Highlight” der Carretera, den ebenfalls von Douglas Tompkins gegründeten Park Pumalin lassen wir aus Zeitmangel links liegen, wir wollen nämlich dorthin wo sich angeblich kaum ein Carretera-Reisender hin verirrt. 70km Schotterpiste (yippie!!!) plus kostenlose Fähre (yeah!!!) zum kleinen Örtchen Puerto Raul Marin Balmaceda für einen Spaziergang entlang des Fjords. Hier soll es nämlich Seehunde, Delfine und Orcas(!!!) geben. Wir kommen Abends an und der erste Versuch in der Abenddämmerung ist noch nicht von Erfolg gekrönt, aber am nächsten Morgen schaffen wir es erst einen Seeotter und dann sogar ein paar Orcas aus der Ferne zu erspähen (ganz sicher sind wir uns zwar nicht, aber wir wollen die Illusion nicht zerstören Smile ). Zu guter Letzt besucht uns direkt vor unserem Parkplatz auch noch eine Gruppe Delfine!!! Besser kann das Frühstück eigentlich nicht starten. Auf dem Weg zurück müssen wir kurz auf der Fähre auf weitere Autos warten und kommen dabei mit dem Kapitän (Erwin) ins Gespräch. Naja, Gespräch ist schon ein bisschen übertrieben, er fragt uns ein wenig auf spanisch über unsere Berufe etc. aus und wir versuchen die paar Brocken spanisch, die wir mittlerweile gelernt haben zu halbwegs sinnvollen Sätzen zusammenzusetzen. Aber irgendwie klappt die Kommunikation gar nicht sooo schlecht Smile

Jetzt ist es auch schon an der Zeit für unseren letzten Streckenabschnitt auf der Carretera Austral bis Chaiten, wo die Fähre am nächsten Morgen ablegen wird. Wir kommen jetzt auch langsam in die Vulkan-Region Chiles und werden in Chaiten auch vom rauchenden gleichnamigen Vulkan begrüßt. Hier beenden wir die Fernstraße auch 200km vor deren Ende (bzw. Anfang), aber das wären eh nur noch zwei Fähren und uns reizt die Insel Chiloe deutlich mehr. Den Abend verbringen wir an einem netten Strand mit mal wieder herrlichem Sonnenuntergang und klarsten Sternenhimmel, bevor wir uns um 5 Uhr zur Fähre einfinden. Auf dem Ticket steht nämlich 3 Stunden vor Abfahrt. Uns ist fast schon klar, dass das vermutlich Blödsinn ist, aber wir wollen es auch nicht riskieren. Natürlich ist aber auch um halb 6 noch nichts vom Schiff zu sehen und erst gegen 6 Uhr beginnt das Boarding, da aber nichts los ist hätten wir genauso gut um 7:30 Uhr ankommen können. Aber gut, in der Hochsaison läuft es wohl teilweise wild ab, da ist es uns so doch deutlich lieber. Positiv ausgedrückt, punkt 8 Uhr geht es los und Chiloe wartet auf uns!!!

Carretera Austral – 1200 km spektakuläre Landschaft (Teil 1)

Dass die Carretera Austral gerne mit der Route 66 verglichen wird, liegt unter anderem an der spektakulären und diversen Landschaft. Sie wird auch gerne als “Ruta del Parque Nacional” angepriesen, denn sie verbindet die wichtigsten Nationalparks Patagoniens mit dem Rest des Landes. Mit ihrem Bau wurde während des Militärregimes von Pinochet begonnen und später unter der sozialistischen Regierung als soziales Versprechen weitergeführt. Fertig ist sie wie gesagt noch (lange) nicht und auch der bestehende Teil hat gerade im Süden nicht viel mit einer modernen Fernstraße gemein. Geteert ist sie dort eigentlich nur in den Örtchen, der Rest ist teils grobe Schotterstraße. Wir fahren teilweise längere Zeit kaum schneller als 40 km/h, aber das macht ja auch irgendwie den Reiz dieses Road-Trips aus.

Die Landschaft ändert sich alle paar duzend Kilometer, mal bewaldete Steilhänge die uns ein bisschen an die Insellandschaft in Halong Bay erinnern, dann wieder grüne Hügel und Flüsse wie in Neuseeland oder steilaufragende Berge wie in Südtirol. Alles wechselt sich ab und vermischt sich, man könnte einfach ständig stoppen.

Nach Cochrane ist unser erster kürzerer Zwischenstopp das Örtchen Rio Tranquilo. Es liegt am Lago General Carrera – dem zweitgrößten See Südamerikas – welcher sich bis über die Grenze nach Argentinien erstreckt. Von Touristen wird es hauptsächlich wegen der dort startenden Touren auf einen Gletscher und den dort zu findenden Marmorhöhlen angesteuert. Eine Gletschertour hatten wir ja schon in Island (und sie ist außerdem absurd teuer), Marmorhöhlen sind uns aber neu und wir nehmen ein Boot um diese zu erkunden. Prinzipiell ähneln sie Sandsteinhöhlen, sie sind aber Überbleibsel der Gletscher und wurden durch das Wasser lediglich erweitert und abgerundet. Trotzdem erstaunlich, dass Wasser sich so durch den harten Marmor fressen. Ganz nebenbei sind die Formationen natürlich deutlich stabiler und strahlen eine dementsprechende Majestät aus.

Weiter geht es zum Cerro Castillo, einen Berg mit einer Wanderung, die Fitz Roy und Torres del Paine ähnlich sein soll. Und kurz vor dem dazu passenden Ausgangsort Villa Cerro Castillo, trauen wir unseren nach über 1000km (ja wir haben das nachgerechnet) Schotterpiste durchgerüttelten Körpern kaum, die Straße ist auf einmal geteert! Auf jeden Fall sehr angenehm, aber irgendwie auch komisch sich nicht mehr anschreien zu müssen oder die Musik auf volle Lautstärke zu drehen, weil es im Auto bei 50km/h zu laut ist. Und irgendwie auch ein bisschen langweilig…

Als wir den Cerro Castillo dann aber von weitem sehen, vergeht uns ein wenig die Lust dafür 20€ p.P. (!!!) auszugeben. Wohlgemerkt nicht für einen Tag im gleichnamigen Nationalpark, sondern nur für die Wanderung!!! Wir bleiben trotzdem über Nacht, um am nächsten Morgen das Wetter abzuwarten. Vielleicht bekommen wir ja doch noch Lust… Das Wetter macht uns die Entscheidung dann halbwegs einfach, zwar ist es klar, aber wir sehen schon die Wolken aufziehen, das muss dann echt nicht sein! Außerdem hat Tobis Schulter vor einiger Zeit auf einmal angefangen nachts zu schmerzen und dementsprechend ist er etwas übermüdet.

Daher entschließen wir uns, dass heute mal die Fernsicht genügen muss und fahren weiter nach Coyhaique, in der Hoffnung dort nach fast einer Woche endlich eine geöffnete Apotheke für ein paar Schmerzmittel zu finden. Außerdem sind unsere Vorräte nach einer Woche ohne sinnvollen Supermarkt langsam erschöpft, wir müssen Wäsche waschen und eine Fähre organisieren. Nachdem wir unsere Wäsche abgegeben haben, ärgern wir uns mal wieder durch einen dieser vollkommen ineffizienten Supermärkte. Hier ist es besonders schlimm, denn es gibt viele Menschen, alles dauert dementsprechend eeewig und wir verbringen fast zwei Stunden mit dem Einkauf. Jemand sollte mal Aldi-Effizienz-Seminare in Chile anbieten, vielleicht ist das eine Marktlücke… Schmerzmittel bekommen wir dann auch, und zwar so richtig starke. 100mg Diclofenac, in Deutschland bekommt man nur 25mg, ansonsten braucht man ein Rezept. Und die Apothekerin meint, Tobi soll doch einfach zwei am Tag nehmen!!! Wir beschränken das mal auf eine, die Nacht wird bestimmt auch so lustig…

Villa O’Higgins – wir beginnen am Ende

Der kleine chilenische Ort O’Higgins ist das Ende der “legendären” Carretera Austral, das südamerikanische Pendant zur Route 66. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen!

Zwischen El Chalten und O’Higgins sind es ca. 120 km Luftlinie. Wir brauchen dafür knapp vier Tage… Um diese Entfernung zu überbrücken fahren wir nämlich ca. 1100km, davon rund 800 auf Schotterpisten, überqueren einen Grenzübergang und nutzen eine viermal täglich verkehrende Fähre. Außerdem ist es wie bereits erwähnt jene Strecke, vor der uns wegen Benzinmangels gewarnt wurde. Und es kommt so wie es kommen musste, die dritte und für uns wichtigste Tankstelle ist leer und wir müssen einen kompletten Tag auf neues Benzin warten… Sad smile

Das klingt alles etwas negativer als es eigentlich ist. Die Warterei auf das Benzin in Bajo Caracoles können wir uns zum Teil mit dem Besuch einer beeindruckenden Menschenhöhle (Cueva de los Manos) mit ca. 10.000 Jahre alten Malereien vertreiben. Das vom Tankwärter um 15 Uhr angekündigte Benzin verzögert sich auf unbestimmte Zeit und wir warten an der Tankstelle mitten in der Pampa zusammen mit anderen Reisenden, u.a. einem anderen deutschen Paar, die mit dem gleichen Camper rumdüsen wie wir. Gegen 20 Uhr erscheint dann endlich die Tanklieferung und alle Wartenden jubeln einstimmig.

Ab dann wird die Strecke einfach nur bombastisch. Ein großer Teil verläuft nämlich durch Nationalparks oder Naturreservate, mit Urwald, grünen Wiesen so weit das Auge reicht. Immer eingerahmt von den immer höher werdenden Gipfeln der Anden. Unter anderem führt uns die Fahrt durch den Nationalpark “Parque Patagonia”, welcher von den Amerikanern Tom und Kris Tompkins zuerst aus eigenen Mitteln aufgebaut und später an die Nationalparkverwaltung Chiles überführt wurde. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, weil es geschafft wurde ca. 170.000 Hektar an Agrarfläche innerhalb von 20 Jahren zu renaturieren und das grenzübergreifend zwischen Chile und Argentinien.

Nachdem wir beim Grenzübergang nach Chile mal wieder alles Obst und Gemüse aufbrauchen müssen (und so langsam aufpassen müssen, dass uns bei den ganzen Grenzübergängen die Seiten im Reisepass nicht ausgehen), decken wir uns in der chilenischen Kleinstadt Cochrane neu ein. Dann beginnt der schönste Abschnitt der Fahrt. Zuerst 120km Schotterpiste zu einer (kostenlosen) Fähre, welche uns in etwas über einer Stunde über einen Fjord bringt. Anschließend nochmal 70km nach O’Higgins, entlang eines wunderschönen Fjords und malerischer Seen. Wir können es gar nicht glauben, dass wir diesen tollen Streckenabschnitt fast für uns haben.

Diese “Tortur” tuen sich nur wenige Touristen an – O’Higgins hatte diese Saison ca. 1300 Urlauber zu Gast. Dementsprechend ist es sehr ruhig, die meisten Besucher sind Fahrrad- und Motorradfahrer, welche es bis ans Ende der Carretera Austral schaffen wollen. Diese Straße soll nämlich die südlichen Gebiete Chiles mit der Hauptstadt Santiago verbinden. Aktuell geht das nur mit einem Boot oder über Argentinien. Ihr Ende liegt eben ca. 10 km südlich von O’Higgins, es bleibt also mit 400km Luftlinie nach Puerto Natales noch einiges zu tun…

In O’Higgins bleiben wir zwei Nächte, machen eine kleinere Wanderung und (natürlich) auch ein Foto mit dem Straßenschild, welches das Ende der Carretera Austral bezeugt.

Auf dem Weg zurück nach Cochrane nehmen wir noch das kleine Örtchen Caleta Tortel mit, welches mit Treppen und Stegen am Ende eines Fjords in den Hang gebaut ist und nur zu Fuß erkundet werden kann. Am Parkplatz stehen zwar zahllose Touristenbusse, der Ort ist aber erstaunlich ruhig. Die sind wohl alle auf einer der hier startenden Bootstouren zu einem der vielzähligen Gletscher.

Unsere Fahrt geht jetzt weiter in Richtung Norden, mal schauen wo es uns als nächstes hin verschlägt…

Nationalpark Los Glaciares – „endlich“ richtige Touristen

Neben dem Perito Moreno Gletscher gehören noch eine kleine Seenlandschaft (welche wir auf Grund von Zeitmangel links liegen lassen) und weiter nördlich weitere Abschnitte des sogenannten südpatagonischen Eisfeldes zum Nationalpark Los Glaciares. Das größte Gletschergebiet außerhalb der Antarktis. Dazu fahren wir von El Calafate rund 250km nach El Chalten, welches gerne als argentinische Antwort auf den Torres del Paine Nationalpark gesehen wird. Hier finden wir “endlich” die ganzen Touristen, die wir die ganze Zeit vermisst haben. Im Gegensatz zum Torres oder dem Perito Moreno Gletscher hat der Ort El Chalten den “Vorteil”, dass seine Hauptattraktion nicht duzende oder hunderte Kilometer entfernt ist, sondern in wenigen Gehminuten erreicht werden kann. Der Berg Fitz Roy, welcher unter anderem das Logo der “Patagonia” Outdoor-Marke schmückt. Der Ort hat sich zu einem Paradies für Wanderer und Bergsteiger entwickelt und lockt diese aus der ganzen Welt an. Er bietet mehrere Tages- und Mehrtagestouren, welche direkt im Ort starten. Die begehrteste führt an den Fuß der Türme des Fitz Roy.

Da wir erst gegen Mittag ankommen, empfiehlt uns die nette Rangerin im Besucherzentrum des Parks aber eine mit nur 6-8 Stunden etwas kürzere Wanderung zu einer Gletscherlagune und dem zugehörigen Gletscher “Glaciar Grande”, nicht ohne uns vorher auf die wichtigsten Verhaltensregeln auf den Wegen des Parks aufmerksam zu machen. Unter anderem (O-Ton): “Please use the pit toilets, so that we can concentrate the poop in the park to certain areas. If it is an emergency, go 30m away from the river and dig a hole of 30 cms”. Smile Und tatsächlich findet man entlang der Wege in regelmäßigen Abständen Plumpsklos, wie man aber in trockene Erde mit den Händen ein 30cm tiefes Loch buddeln soll, bleibt uns vorerst ein Rätsel.

Die Wanderung selbst entpuppt sich als erster Härtetest für die Windfestigkeit unserer Jacken, denn je näher wir der “Laguna Torre” kommen, desto stärker und eisiger weht der Wind mit locker 80-90 km/h Böen um die Ohren. Als wir dann noch um die Lagune zu einem weiteren Aussichtspunkt wandern, weht es uns teilweise fast vom relativ steilabfallenden Weg. Aber wir kommen an, können die Aussicht auf das Gebirge und den Gletscher aber nur kurz genießen, denn wir müssen festzustellen, dass es Tobi irgendwo entlang des Weges den Ersatzakku aus unserer Kameratasche geweht hat. Auch wenn es aussichtslos erscheint, suchen wir beim Rückweg an den Stellen, an denen wir Fotos geschossen haben den grauen Akku im grauen Kies und finden ihn tatsächlich am Fuß der Lagune wieder. Tobi steht nämlich zufällig drauf…

Zurück am Auto müssen wir leider fetststellen, dass die Autobatterie leer ist, da wir vergessen hatten das Licht auszumachen. Ufff… Dank eines netten Argentiniers und dem Überbrückungskabel von Condor Campers sind wir aber schon in wenigen Minuten wieder auf dem Dampfer und machen uns auf die Suche nach einem Schlafplatz. Das sollte eigentlich einfach sein, denn die nette Rangerin hat uns gleich noch Auskunft über einen kostenlosen Stellplatz gegeben. Hier werden wir dann aber mit den anderen Touristen konfrontiert, denn hier stehen locker 30 andere Camper. Wir sind so abgeschreckt, dass wir erfolglos auf die Suche nach anderen Plätzen gehen, landen aber schlussendlich wieder dort. Um fair zu bleiben sollte man dazusagen, dass es Wochenende ist und sich auch einige Argentinier auf dem Stellplatz tummeln. Interessanterweise sehen wir aber auch etliche europäische Kennzeichen an den Campern, unter anderem aus dem Oberallgäu. Es scheint doch recht beliebt zu sein, seinen Camper nach Südamerika zu verschiffen..

Der nächste Tag ist verregnet und wir begnügen uns mit Wäschemachen, einem kleinen Spaziergang und dem ausgedehnten Besuch eines Café’s um unsere Weiterfahrt ein wenig zu planen. Außerdem finden wir für den Abend ein super nettes und leckeres veganes Restaurant, welches wir zur Abwechslung von unseren üblichen Koch-Repertoire an unserem Camping-Kocher ausprobieren wollten. Und das im Steak-Mekka Argentinien!!!

Der Abend wird aber noch ein wenig aufregend, denn wir stellen siedend heiß fest, dass wir uns am Start jenes Streckenabschnitts befinden, bei welchem Danny (unser Van-Vermieter) uns geraten hat, wegen der teils weiten Strecken bei jeder Möglichkeit vollzutanken. Eigentlich kein Problem, aber die nächsten drei Tankstellen nehmen nur Bargeld und der einzige Automat in El Chalten hat irgendein Problem mit unseren Kreditkarten (oder ist einfach nur leer). Zwar erhöht die nette Bedienung im Restaurant die Rechnung für ein wenig Bargeld, aber das reicht nur bis zur nächsten Tankstelle. Das ist zwar ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt, aber zur Not müssen wir halt einen Tag länger in El Chalten bleiben und hoffen dass der Bankautomat am Montag wieder aufgefüllt ist. Nachdem wir (mit ca. einer Stunde Verzögerung) dann aber unsere Wäsche wiederhaben, versuchen wir es ein letztes Mal am ATM und der letzte nimmt jetzt zumindest Kerstins Karte, wenn wir “Savings” statt “Credit” auswählen. Nochmal Glück gehabt und wir nehmen uns so viel wir tragen können Winking smile

Am letzten Tag unseres Aufenthaltes in El Chalten soll das Wetter dann klar sein und wir wagen den Aufstieg zum Fuß des Fitz Roy. Obwohl wir früh loslaufen, ist schon einiges los und es dauert bis wir es an den langsamsten Wandergruppen, Großfamilien und Sneaker-Trägern vorbeigeschafft haben und endlich etwas zügig laufen können und den Ausblick auf den (noch) nahezu wolkenfreien Fitz Roy genießen können. Dann beginnt der letzte Teil des Aufstiegs und der hat es nochmal in sich. Die insgesamt 10 km zum Fuß des Bergs sind nämlich dreigeteilt: Zuerst geht es moderat bergauf, dann ein langes Stück gerade und im letzten Kilometer nochmal etwas über 400m nach oben. Hier fühlen wir uns dann wie beim Tongariro Crossing in Neuseeland. Duzende ungeübte Wanderer quälen sich rutschend und stolpernd in einer Karawane Stufe für Stufe nach oben. Aber was soll man machen und außerdem lohnt es sich, denn mal wieder finden wir einen atemberaubenden Anblick vor, auch wenn sich um den Fitz Roy jetzt eine kleine Wolke gebildet hat, welche sich auch in den nächsten eineinhalb Stunden unseres Aufenthalts nicht lösen wird. Wir genießen es trotzdem und trotz teils bitterkalter Windböen bei sowieso schon negativen Temperaturen. Auch wenn der Abstieg nochmal unsere Nerven strapaziert, sind wir vollends zufrieden.

Das war dann auch der vorerst letzte längere Stopp in Argentinien, denn jetzt geht es wieder zurück nach Chile, das wir auf Grund von fast 1000km aber ein wenig dauern…