Archiv der Kategorie: Argentinien 2020

Bariloche – ein bisschen Alpen-Feeling

Während der Corona-Virus Deutschland in Atem hält, verlassen wir Chile ein letztes Mal in Richtung Argentinien, um uns die dortige 7-Seen-Region und das Gebiet um Bariloche anzusehen – wir starten mit letzterem. Obwohl Bariloche als die Schweiz Südamerikas zählt und hier sehr viele Gutbetuchte Sommerresidenzen besitzen, ist die Gegend hier sehr kriminell. Hier wurden schon mehrfach Einbrüche in Camper gemeldet, sogar während der Nacht. Deshalb hat uns CondorCampers schon am Beginn der Reise empfohlen das WIld-Campen hier zu unterlassen und besser auf bezahlte Campingplätze auszuweichen. Wir suchen uns einen im netten, von Schweizern gegründeten, Vorörtchen Colonia Suiza und jetzt werden wir auch das erste Mal mit Corona konfrontiert. In der allgemeinen Küche steht eine Flasche Desinfektionsmittel, verbunden mit dem Hinweis auf das Virus. Außerdem treffen wir unseren etwas wortkargen deutschen Retter wieder, der uns das letzte Mal mit der leeren Autobatterie geholfen hat.

Bariloche hat seinen Beinamen aber nicht nur wegen der Gründerväter (und den für “normale” Argentinier unerschwinglichen Wohnkosten), sondern insbesondere wegen seiner Lage am See inmitten einer imposanten Berglandschaft. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und nehmen uns zwei Wanderungen zu – ganz im Sinne des Alpen-Feelings – Berghütten vor. Die erste führt uns zum Refugio Italia, sie beginnt quasi direkt am Campingplatz und führt uns erst durch einen schönen Urwald nur um uns dann innerhalb weniger Kilometer ungefähr 1000m nach oben zu bringen. Gut, dass wir mittlerweile voll im Training sind und so schaffen wir den für fünf Stunden angesetzten Aufstieg in ungefähr dreieinhalb. Belohnt werden wir mit wenig Touristen, einem wunderschönen See (Lagune Negra) in den Anden und einer witzigen Blechhütteninterpretation einer “Berghütte”.

Wieder zurück stolpern wir mitten in Alpenfolklore. Es ist nämlich Sonntag, das kleine Örtchen wird sichtbar zum Touristenmagneten und bedient das Klischee mit etwas das an Biergartenstimmung erinnert. Absolut schräg und wir finden es so witzig, dass wir nach einem regionalem Bier mit Gitarren-Livemusik spontan entscheiden eine Nacht länger zu bleiben.

Ein Tag Ruhe tut uns aber auch gut, denn die nächste Wanderung zum Refugio Otto Meiling im 80 km südlichen Nationalpark Nahuel Huapi bewältigt wieder über 1000 Höhenmeter. Den “freien” Tag verbringen wir mit einem ausgedehnten Frühstück, bevor wir uns langsam entlang des gleichnamigen Sees in Richtung Nationalpark aufmachen und immer wieder für die malerische Kulisse Halt machen.

Im Nationalpark finden wir am Lago Hess einen traumhaft ruhigen Schlafplatz, genießen den Sonnenuntergang über dem Gletscher “del Manso”, zu welchem wir am nächsten Morgen sehr früh aufbrechen werden. Denn zum Start der Wanderung zum Refugio müssen noch ca. 50km im Halbdunkeln über die Schotterpisten des Parks bewältigt werden. Die haben es in sich, aber der Sonnenaufgang und die tolle Szenerie mit Morgennebel während der Fahrt entschädigt für das frühe Aufstehen und die durchgerüttelten Knochen. Auch die Wanderung ruft wieder mal diesen Leinwandeffekt hervor, denn sobald man die ersten rund 700 Höhenmeter hinter sich hat, läuft man inmitten einer beindruckenden Szenerie von Gebirge, Vulkangestein und Gletschern bis man das Refugio erreicht, welches genau zwischen zwei Gletschern – “del Manso” und “Castano Overo” – Unterschlupf für Wanderer bietet. Zwar bleiben wir nicht über Nacht, aber da wir so früh los sind und die Busse aus Bariloche erst sehr viel später ankommen, haben wir die Aussicht fast für uns alleine.

Unsere letzte Etappe in Argentinien führt uns entlang der “Ruta de los Siete Lagos” wieder nach Norden und wir sind froh neben den Seen noch Bariloche besucht zu haben. Die Seen stehen zwar in jedem Reiseführer, mehr als ein “ganz nett” huscht uns eigentlich nur einmal über die Lippen und das liegt an einem Wurf kleiner Katzenwelpen und nicht am See.

Zurück nach Chile geht es über den Paso Huahum und hier holt uns Corona nochmal ein. Denn wir müssen eine eidesstattliche Erklärung über unsere Aufenthalte außerhalb Chiles der letzten 30 Tage unterschreiben. Gut, dass wir da nicht in Deutschland waren, sonst kämen wir vermutlich in Quarantäne! Außerdem wird unser Camper hier zum ersten mal so richtig (knapp 10 Minuten) nach Essen untersucht. Das hatten wir so auch noch nicht erlebt. Danach geht es mit einer Fähre zurück in die vulkanisch aktive Region La Araucania, die vorletzte Etappe unserer Reise…

Villa O’Higgins – wir beginnen am Ende

Der kleine chilenische Ort O’Higgins ist das Ende der “legendären” Carretera Austral, das südamerikanische Pendant zur Route 66. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen!

Zwischen El Chalten und O’Higgins sind es ca. 120 km Luftlinie. Wir brauchen dafür knapp vier Tage… Um diese Entfernung zu überbrücken fahren wir nämlich ca. 1100km, davon rund 800 auf Schotterpisten, überqueren einen Grenzübergang und nutzen eine viermal täglich verkehrende Fähre. Außerdem ist es wie bereits erwähnt jene Strecke, vor der uns wegen Benzinmangels gewarnt wurde. Und es kommt so wie es kommen musste, die dritte und für uns wichtigste Tankstelle ist leer und wir müssen einen kompletten Tag auf neues Benzin warten… Sad smile

Das klingt alles etwas negativer als es eigentlich ist. Die Warterei auf das Benzin in Bajo Caracoles können wir uns zum Teil mit dem Besuch einer beeindruckenden Menschenhöhle (Cueva de los Manos) mit ca. 10.000 Jahre alten Malereien vertreiben. Das vom Tankwärter um 15 Uhr angekündigte Benzin verzögert sich auf unbestimmte Zeit und wir warten an der Tankstelle mitten in der Pampa zusammen mit anderen Reisenden, u.a. einem anderen deutschen Paar, die mit dem gleichen Camper rumdüsen wie wir. Gegen 20 Uhr erscheint dann endlich die Tanklieferung und alle Wartenden jubeln einstimmig.

Ab dann wird die Strecke einfach nur bombastisch. Ein großer Teil verläuft nämlich durch Nationalparks oder Naturreservate, mit Urwald, grünen Wiesen so weit das Auge reicht. Immer eingerahmt von den immer höher werdenden Gipfeln der Anden. Unter anderem führt uns die Fahrt durch den Nationalpark “Parque Patagonia”, welcher von den Amerikanern Tom und Kris Tompkins zuerst aus eigenen Mitteln aufgebaut und später an die Nationalparkverwaltung Chiles überführt wurde. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, weil es geschafft wurde ca. 170.000 Hektar an Agrarfläche innerhalb von 20 Jahren zu renaturieren und das grenzübergreifend zwischen Chile und Argentinien.

Nachdem wir beim Grenzübergang nach Chile mal wieder alles Obst und Gemüse aufbrauchen müssen (und so langsam aufpassen müssen, dass uns bei den ganzen Grenzübergängen die Seiten im Reisepass nicht ausgehen), decken wir uns in der chilenischen Kleinstadt Cochrane neu ein. Dann beginnt der schönste Abschnitt der Fahrt. Zuerst 120km Schotterpiste zu einer (kostenlosen) Fähre, welche uns in etwas über einer Stunde über einen Fjord bringt. Anschließend nochmal 70km nach O’Higgins, entlang eines wunderschönen Fjords und malerischer Seen. Wir können es gar nicht glauben, dass wir diesen tollen Streckenabschnitt fast für uns haben.

Diese “Tortur” tuen sich nur wenige Touristen an – O’Higgins hatte diese Saison ca. 1300 Urlauber zu Gast. Dementsprechend ist es sehr ruhig, die meisten Besucher sind Fahrrad- und Motorradfahrer, welche es bis ans Ende der Carretera Austral schaffen wollen. Diese Straße soll nämlich die südlichen Gebiete Chiles mit der Hauptstadt Santiago verbinden. Aktuell geht das nur mit einem Boot oder über Argentinien. Ihr Ende liegt eben ca. 10 km südlich von O’Higgins, es bleibt also mit 400km Luftlinie nach Puerto Natales noch einiges zu tun…

In O’Higgins bleiben wir zwei Nächte, machen eine kleinere Wanderung und (natürlich) auch ein Foto mit dem Straßenschild, welches das Ende der Carretera Austral bezeugt.

Auf dem Weg zurück nach Cochrane nehmen wir noch das kleine Örtchen Caleta Tortel mit, welches mit Treppen und Stegen am Ende eines Fjords in den Hang gebaut ist und nur zu Fuß erkundet werden kann. Am Parkplatz stehen zwar zahllose Touristenbusse, der Ort ist aber erstaunlich ruhig. Die sind wohl alle auf einer der hier startenden Bootstouren zu einem der vielzähligen Gletscher.

Unsere Fahrt geht jetzt weiter in Richtung Norden, mal schauen wo es uns als nächstes hin verschlägt…

Nationalpark Los Glaciares – „endlich“ richtige Touristen

Neben dem Perito Moreno Gletscher gehören noch eine kleine Seenlandschaft (welche wir auf Grund von Zeitmangel links liegen lassen) und weiter nördlich weitere Abschnitte des sogenannten südpatagonischen Eisfeldes zum Nationalpark Los Glaciares. Das größte Gletschergebiet außerhalb der Antarktis. Dazu fahren wir von El Calafate rund 250km nach El Chalten, welches gerne als argentinische Antwort auf den Torres del Paine Nationalpark gesehen wird. Hier finden wir “endlich” die ganzen Touristen, die wir die ganze Zeit vermisst haben. Im Gegensatz zum Torres oder dem Perito Moreno Gletscher hat der Ort El Chalten den “Vorteil”, dass seine Hauptattraktion nicht duzende oder hunderte Kilometer entfernt ist, sondern in wenigen Gehminuten erreicht werden kann. Der Berg Fitz Roy, welcher unter anderem das Logo der “Patagonia” Outdoor-Marke schmückt. Der Ort hat sich zu einem Paradies für Wanderer und Bergsteiger entwickelt und lockt diese aus der ganzen Welt an. Er bietet mehrere Tages- und Mehrtagestouren, welche direkt im Ort starten. Die begehrteste führt an den Fuß der Türme des Fitz Roy.

Da wir erst gegen Mittag ankommen, empfiehlt uns die nette Rangerin im Besucherzentrum des Parks aber eine mit nur 6-8 Stunden etwas kürzere Wanderung zu einer Gletscherlagune und dem zugehörigen Gletscher “Glaciar Grande”, nicht ohne uns vorher auf die wichtigsten Verhaltensregeln auf den Wegen des Parks aufmerksam zu machen. Unter anderem (O-Ton): “Please use the pit toilets, so that we can concentrate the poop in the park to certain areas. If it is an emergency, go 30m away from the river and dig a hole of 30 cms”. Smile Und tatsächlich findet man entlang der Wege in regelmäßigen Abständen Plumpsklos, wie man aber in trockene Erde mit den Händen ein 30cm tiefes Loch buddeln soll, bleibt uns vorerst ein Rätsel.

Die Wanderung selbst entpuppt sich als erster Härtetest für die Windfestigkeit unserer Jacken, denn je näher wir der “Laguna Torre” kommen, desto stärker und eisiger weht der Wind mit locker 80-90 km/h Böen um die Ohren. Als wir dann noch um die Lagune zu einem weiteren Aussichtspunkt wandern, weht es uns teilweise fast vom relativ steilabfallenden Weg. Aber wir kommen an, können die Aussicht auf das Gebirge und den Gletscher aber nur kurz genießen, denn wir müssen festzustellen, dass es Tobi irgendwo entlang des Weges den Ersatzakku aus unserer Kameratasche geweht hat. Auch wenn es aussichtslos erscheint, suchen wir beim Rückweg an den Stellen, an denen wir Fotos geschossen haben den grauen Akku im grauen Kies und finden ihn tatsächlich am Fuß der Lagune wieder. Tobi steht nämlich zufällig drauf…

Zurück am Auto müssen wir leider fetststellen, dass die Autobatterie leer ist, da wir vergessen hatten das Licht auszumachen. Ufff… Dank eines netten Argentiniers und dem Überbrückungskabel von Condor Campers sind wir aber schon in wenigen Minuten wieder auf dem Dampfer und machen uns auf die Suche nach einem Schlafplatz. Das sollte eigentlich einfach sein, denn die nette Rangerin hat uns gleich noch Auskunft über einen kostenlosen Stellplatz gegeben. Hier werden wir dann aber mit den anderen Touristen konfrontiert, denn hier stehen locker 30 andere Camper. Wir sind so abgeschreckt, dass wir erfolglos auf die Suche nach anderen Plätzen gehen, landen aber schlussendlich wieder dort. Um fair zu bleiben sollte man dazusagen, dass es Wochenende ist und sich auch einige Argentinier auf dem Stellplatz tummeln. Interessanterweise sehen wir aber auch etliche europäische Kennzeichen an den Campern, unter anderem aus dem Oberallgäu. Es scheint doch recht beliebt zu sein, seinen Camper nach Südamerika zu verschiffen..

Der nächste Tag ist verregnet und wir begnügen uns mit Wäschemachen, einem kleinen Spaziergang und dem ausgedehnten Besuch eines Café’s um unsere Weiterfahrt ein wenig zu planen. Außerdem finden wir für den Abend ein super nettes und leckeres veganes Restaurant, welches wir zur Abwechslung von unseren üblichen Koch-Repertoire an unserem Camping-Kocher ausprobieren wollten. Und das im Steak-Mekka Argentinien!!!

Der Abend wird aber noch ein wenig aufregend, denn wir stellen siedend heiß fest, dass wir uns am Start jenes Streckenabschnitts befinden, bei welchem Danny (unser Van-Vermieter) uns geraten hat, wegen der teils weiten Strecken bei jeder Möglichkeit vollzutanken. Eigentlich kein Problem, aber die nächsten drei Tankstellen nehmen nur Bargeld und der einzige Automat in El Chalten hat irgendein Problem mit unseren Kreditkarten (oder ist einfach nur leer). Zwar erhöht die nette Bedienung im Restaurant die Rechnung für ein wenig Bargeld, aber das reicht nur bis zur nächsten Tankstelle. Das ist zwar ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt, aber zur Not müssen wir halt einen Tag länger in El Chalten bleiben und hoffen dass der Bankautomat am Montag wieder aufgefüllt ist. Nachdem wir (mit ca. einer Stunde Verzögerung) dann aber unsere Wäsche wiederhaben, versuchen wir es ein letztes Mal am ATM und der letzte nimmt jetzt zumindest Kerstins Karte, wenn wir “Savings” statt “Credit” auswählen. Nochmal Glück gehabt und wir nehmen uns so viel wir tragen können Winking smile

Am letzten Tag unseres Aufenthaltes in El Chalten soll das Wetter dann klar sein und wir wagen den Aufstieg zum Fuß des Fitz Roy. Obwohl wir früh loslaufen, ist schon einiges los und es dauert bis wir es an den langsamsten Wandergruppen, Großfamilien und Sneaker-Trägern vorbeigeschafft haben und endlich etwas zügig laufen können und den Ausblick auf den (noch) nahezu wolkenfreien Fitz Roy genießen können. Dann beginnt der letzte Teil des Aufstiegs und der hat es nochmal in sich. Die insgesamt 10 km zum Fuß des Bergs sind nämlich dreigeteilt: Zuerst geht es moderat bergauf, dann ein langes Stück gerade und im letzten Kilometer nochmal etwas über 400m nach oben. Hier fühlen wir uns dann wie beim Tongariro Crossing in Neuseeland. Duzende ungeübte Wanderer quälen sich rutschend und stolpernd in einer Karawane Stufe für Stufe nach oben. Aber was soll man machen und außerdem lohnt es sich, denn mal wieder finden wir einen atemberaubenden Anblick vor, auch wenn sich um den Fitz Roy jetzt eine kleine Wolke gebildet hat, welche sich auch in den nächsten eineinhalb Stunden unseres Aufenthalts nicht lösen wird. Wir genießen es trotzdem und trotz teils bitterkalter Windböen bei sowieso schon negativen Temperaturen. Auch wenn der Abstieg nochmal unsere Nerven strapaziert, sind wir vollends zufrieden.

Das war dann auch der vorerst letzte längere Stopp in Argentinien, denn jetzt geht es wieder zurück nach Chile, das wir auf Grund von fast 1000km aber ein wenig dauern…

Perito Moreno – einer der wenigen intakten Gletscher

Wenn man durch Patagonien reist, kommt man um zwei Dinge nicht herum und viele fliegen auch nur deswegen für ein paar Tage so weit in den Süden des südamerikanischen Kontinents. Den Torres del Paine hatten wir schon und das zweite liegt so nah daneben, dass es fast zwangsläufig unser nächster Stopp ist. Der Gletscher “Perito Moreno”. Jeder Klimawandelskeptiker kennt ihn und daher vermutlich einer der wenigen Gletscher, die selbst Donald Trump auf einer Landkarte findet. Er ist nämlich einer der wenigen intakten Gletscher, ist in den letzten 150 Jahren sogar gewachsen und bewegt sich mit bis zu 790m pro Jahr in Richtung seiner Kalbungsfront. Deshalb muss er immer wieder als “Ja aber”-Argument gegen den menschenverursachten globalen Rückgang der Gletscher herhalten (was leicht zu widerlegen ist, aber wir wollen hier mal nicht zu politisch werden clip_image001).

Für uns ist der Gletscher aber eigentlich aus einem anderen Grund interessant, es soll uns nämlich ein weiterer dieser “Ich steh vor einer kitschigen Leinwand”-Momente bevorstehen. Der Weg dorthin führt uns wieder nach Argentinien nach El Calafate. Ein kleines Städtchen, das eigentlich nur für den Tourismus zu existieren scheint. Da es trotz nur weniger Kilometer Luftlinie ein ganzes Stückchen Fahrt ist – und wir uns noch einige Zeit mit unseren argentinischen Sim-Karte herumschlagen – , kommen wir erst abends in El Calafate an und verbringen die Nacht an einem ruhigen Strand direkt am Lago Argentino, an welchem die Stadt gelegen ist.

Nach einer kurzen Tour durch die Stadt am nächsten Morgen, beschließen wir den Besuch des Gletschers auf den nächsten Tag zu verschieben, es ist nämlich strahlender Sonnenschein vorhergesagt. Deshalb genießen wir einen ruhigen Nachmittag am Lago Roca im Nationalpark Los Glaciares, in welchem auch der Perito Moreno Gletscher liegt.

Am nächsten Tag stehen wir pünktlich um 8 Uhr am Eingang des Nationalparks, um den größten Touristenmassen aus dem Weg zu gehen – die für ungefähr 10:30 Uhr vorhergesagt sind (und so soll es auch kommen). Leider lässt uns das Wetter heute im Stich, nur manchmal bahnt sich die Sonne durch die Wolkendecke, aber der Gletscher zieht uns trotzdem in seinen Bann.

Der Perito Moreno endet im Lago Argentino und auf Grund von einigen lokalen geologischen und klimatischen Besonderheiten endet der Gletscher relativ abrupt vor einer kleinen Insel. Vor dieser ragt sein Ende mit 40-70m Höhe empor und da er von den Bergen am Rande des Sees eingezwängt wird, kalbt er quasi ununterbrochen und wir sehen ständig kleine und große Eisbrocken abfallen. Gletscher und Insel sind nur ca. 10-20m voneinander entfernt und letztere bildet eine Art natürlich Barriere, weshalb der Gletscher seit seiner letzten dauerhaften Vergrößerung Anfang des 20ten Jahrhunderts zwar ständig Eis produziert, seine Fläche und Volumen aber konstant bleiben. Jetzt fragt man sich, wie kann eine kleine Insel einen Gletscher am Wachsen hindern. Alle paar Jahre wächst der Gletscher bis an die Insel und staut damit den See um bis zu 30m auf, dieser Wasseranstieg und die Strömung führen wiederum dazu, dass sich der See durch den Gletscher “frisst”, einen Tunnel formt und ihn zum Einsturz bringt.

Dieses Phänomen bleibt uns zwar verwehrt, aber wir können uns an dem Gletscher und dem ständigen Geräusch des Kalbens kaum sattsehen bzw. –hören. Daher verbringen wir trotz des nicht optimalen Wetters fast 6 Stunden auf den Wegen entlang der Insel und beobachten den Gletscher. Am frühen Nachmittag wird es dann aber so voll (und auch kalt), dass wir uns vom Anblick losreisen und zurück nach El Calafate fahren. Auch hier gilt aber wieder, für ein solches Highlight in der Hauptsaison hätten wir uns die Anzahl an Touristen deutlich schlimmer vorgestellt.

Den Nationalpark Los Glaciares werden wir noch weiter erkunden, allerdings weiter nördlich und jetzt ist wieder Wandern angesagt. Das ist aber eine andere Geschichte…

Ein laanger Weg zurück nach Chile

Unser nächstes Ziel ist der wohl berühmteste Nationalpark Chiles, der “Torres del Paine”. Für die rund 800 km von Ushuaia zu dessen Ausgangspunkt Puerto Natales brauchen wir fast zwei volle Tage. Das liegt zum einen an unserem Unwillen 800km an einem Tag zu fahren, aber auch an dem unendlich zähen Grenzübertritt von Argentinien zurück nach Chile. Nachdem wir es am ersten Abend auf Grund der spontanen zusätzlichen Wanderung in Ushuaia nicht mehr über die Grenze schaffen, verbringen wir die erste Nacht ca. eine halbe Stunde vor der Grenze an einem fast einsamen und schönen Strand, um am nächsten morgen früh an der Grenze zu sein. Leider klappt das nicht so ganz. Wir erwischen einen Reisebus vor uns und natürlich muss dessen gesamter Inhalt an die gleichen Aus- und Einreiseschalter wie wir auch. Zusätzlich ist alles etwas chaotisch und wir stehen zweimal an der falschen Schlange an. Das Ganze kostet uns gut 2 Stunden, aber da das ja nicht der letzte Übertritt sein wird, wissen wir jetzt vielleicht wenigstens beim nächsten Mal was zu tun ist. Außerdem nehmen wir auf der Strecke zwischen den beiden Grenzen noch zwei junge Hitchhiker mit, die uns ein wenig mit unseren Spanischlektionen unter die Arme greifen (wir verbringen die Fahrtage nämlich zum Teil mit einem kleinen Spanischkurs).

Durch die Warterei an der Grenze ist es später Nachmittag bis wir die Fähre zurück aufs Festland erwischen und wir verbringen eine weitere Nacht in der patagonischen “Pampa” ´nahe Rio Verde mit wunderschönem Ausblick auf den Fjord und genießen einen fast zweistündigen Sonnenuntergang. Außerdem lernen wir an unserem Rastplatz zwei Chilenen kennen, welche sich gerade auf der letzten Etappe ihrer vierwöchigen Fahrradtour nach Punta Arenas befinden. Von ihnen werden wir nicht nur in die sozialen Gepflogenheiten beim Mate-Trinken eingeweiht, sondern auch gleich noch eingeladen bei ihnen zu Couchsurfen, wenn wir es irgendwann nach Puerto Montt geschafft haben. Mal sehen ob das klappt…

Durch das viele Gequatsche mit den beiden wird es dann auch echt spät bis wir ins Bett kommen und wir schaffen es erst am frühen Nachmittag nach Puerto Natales, wo wir uns mit Informationen und Essen für die nächsten 3-4 Tage im Nationalpark eindecken. Im Torres (wie der Park hier von allen genannt wird) verbringen wir dann auch nach einem idyllischen Abendessen am Lago del Toro unsere nächste Nacht und planen einige Wanderungen für die nächsten Tage…

Ushuaia – am Ende der Welt

Nachdem sich das mit der Antarktis wie erwartet zerschlagen hatte, gingen wir zu unserem ursprünglichen Plan zurück und campten für 2 Nächte im Nationalpark “Tierra del Fuego”.

Im Touristenbüro von Ushuaia wurde uns aber noch eine Wanderung zu einem kleinen Gletscher “Glaciar Martialis” aufs Herz gelegt und nachdem wir relativ früh dran waren, nahmen wir diese einfach noch mit. Nicht nur wir hatten die “leichte” Wanderung mit 500 Höhenmetern ein wenig unterschätzt, denn einen Großteil des Höhenunterschieds legt man auf dem letzten Kilometer im Geröll zurück. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob das wirklich Teil der Wanderung war, aber allzu viele Menschen verirrten sich nicht bis ganz nach oben direkt unter den Gletscher. Dort angekommen wurden wir dann auch erstmal enttäuscht, denn der Gletscher lag in tiefem Nebel versunken. Aber das Glück war diesmal auf unserer Seite und gerade als wir umkehren wollten, reist die Wolkendecke auf einmal auf und belohnt uns nicht nur mit einem herrlichen Blick auf den Gletscher, sondern auch mit einem tollen Blick ins Tal. Es ist wirklich fast wie immer alle sagen, das Wetter in Feuerland ändert sich alle 5 Minuten…

Da es nach der anschließenden Dusche in einer etwas heruntergekommenen Tankstelle (die anderen 3 YPF-Tankstellen die wir davor ausprobierten hatten keine Dusche Sad smile ) doch etwas spät geworden ist, sind wir erst gegen 21 Uhr am Nationalpark und werden vom Ranger mit einem kostenlosen Eintritt belohnt. Auch nicht schlecht und nachdem es hier im südlichsten Süden noch bis locker 22:30 Uhr hell ist, ist die späte Stunde auch kein größeres Problem für ein gemütliches Abendessen im idyllischen Park neben einer Gänsefamilie.

Der nächste Tag sieht dann leider nicht ganz so rosig aus. Bis auf paar Sonnenstrahlen am Morgen bleibt uns die Sonne den ganzen Tag verwehrt und es regnet immer wieder leicht. Wir machen trotzdem ein paar leichte Wanderungen und genießen die Ruhe des Parks. Denn bis auf ein paar Hotspots, die von den geführten Touren angefahren werden, sind wir hier wirklich fast alleine.

Die tagsüber fehlende Sonne beschert uns dann eine bitterkalte Nacht mit (zumindest gefühlt) negativen Temperaturen und wir haben ein wenig Bammel, dass das Wetter auch am nächsten Tag nicht umschlägt. Denn wir wollen auf jeden Fall noch das wandertechnische Highlight des Parks bewältigen. Der Cerro Guanaco, 973m hoch und die Wanderung soll so schwer sein, dass man sich vor dem Loslaufen registrieren muss. Das klingt zwar nicht nach so viel, aber wir starten auf ca. 20m über dem Meeresspiegel und die Wanderung führt durch ein Moor und an einem Geröllhang entlang recht steil nach oben. Nasse Füße sind faktisch unausweichlich. Wir schaffen es trotzdem in 3 statt der angegebenen 4 Stunden nach oben und haben wieder Glück. Zwar reist morgendliche Wolkendecke nicht komplett auf, aber die Aussicht hat den Aufwand auf jeden Fall gelohnt. Insbesondere das Hinterland des Nationalparks ist wolkenfrei und erlaubt einen schönen Fernblick auf die Gletscher.

Zurück am Ausgangspunkt wird es dann noch richtig warm, denn mittlerweile haben sich auch die Wolken über Ushuaia verzogen und wir suchen uns für den Abend einen Parkplatz außerhalb des Parks aber auch außerhalb der Stadt. Denn letztere treibt uns nach unserer der langwierigen Suche nach einer Dusche zwei Tage zuvor nochmal zur Weißglut. Zwar schaffen wir es erst noch halbwegs unbeschadet durch die Einbahnstraßenhölle um unsere Wäsche in einer Wäscherei abzugeben. Dann aber quälen wir uns 2 Stunden erfolglos durch mehrere Supermärkte – die für unser deutsches Herz einfach vollkommen ineffizient sortiert und bedient werden – immer auf der Suche nach einer Gasflasche für unseren Campingkocher. Zu allem Überfluss hat der letzte Supermarkt dann einfach geschlossen und uns bleibt nicht anderes übrig als an einer Tankstelle teuren Nachschub zu besorgen.

Dementsprechend genervt genießen wir die schöne, warme und klare Nacht umso mehr und am nächsten Morgen sind sogar fast sämtliche Wolken verschwunden und wir verlängern unseren Aufenthalt spontan um eine weitere Wanderung zur Laguna Esmeralda. Hier ist zwar verglichen mit dem Nationalpark die Hölle los, aber es lohnt sich allemal. Danach geht es zurück Richtung Chile und zur Fähre zurück aufs Festland…