Nationalpark Los Glaciares – „endlich“ richtige Touristen

Neben dem Perito Moreno Gletscher gehören noch eine kleine Seenlandschaft (welche wir auf Grund von Zeitmangel links liegen lassen) und weiter nördlich weitere Abschnitte des sogenannten südpatagonischen Eisfeldes zum Nationalpark Los Glaciares. Das größte Gletschergebiet außerhalb der Antarktis. Dazu fahren wir von El Calafate rund 250km nach El Chalten, welches gerne als argentinische Antwort auf den Torres del Paine Nationalpark gesehen wird. Hier finden wir “endlich” die ganzen Touristen, die wir die ganze Zeit vermisst haben. Im Gegensatz zum Torres oder dem Perito Moreno Gletscher hat der Ort El Chalten den “Vorteil”, dass seine Hauptattraktion nicht duzende oder hunderte Kilometer entfernt ist, sondern in wenigen Gehminuten erreicht werden kann. Der Berg Fitz Roy, welcher unter anderem das Logo der “Patagonia” Outdoor-Marke schmückt. Der Ort hat sich zu einem Paradies für Wanderer und Bergsteiger entwickelt und lockt diese aus der ganzen Welt an. Er bietet mehrere Tages- und Mehrtagestouren, welche direkt im Ort starten. Die begehrteste führt an den Fuß der Türme des Fitz Roy.

Da wir erst gegen Mittag ankommen, empfiehlt uns die nette Rangerin im Besucherzentrum des Parks aber eine mit nur 6-8 Stunden etwas kürzere Wanderung zu einer Gletscherlagune und dem zugehörigen Gletscher “Glaciar Grande”, nicht ohne uns vorher auf die wichtigsten Verhaltensregeln auf den Wegen des Parks aufmerksam zu machen. Unter anderem (O-Ton): “Please use the pit toilets, so that we can concentrate the poop in the park to certain areas. If it is an emergency, go 30m away from the river and dig a hole of 30 cms”. Smile Und tatsächlich findet man entlang der Wege in regelmäßigen Abständen Plumpsklos, wie man aber in trockene Erde mit den Händen ein 30cm tiefes Loch buddeln soll, bleibt uns vorerst ein Rätsel.

Die Wanderung selbst entpuppt sich als erster Härtetest für die Windfestigkeit unserer Jacken, denn je näher wir der “Laguna Torre” kommen, desto stärker und eisiger weht der Wind mit locker 80-90 km/h Böen um die Ohren. Als wir dann noch um die Lagune zu einem weiteren Aussichtspunkt wandern, weht es uns teilweise fast vom relativ steilabfallenden Weg. Aber wir kommen an, können die Aussicht auf das Gebirge und den Gletscher aber nur kurz genießen, denn wir müssen festzustellen, dass es Tobi irgendwo entlang des Weges den Ersatzakku aus unserer Kameratasche geweht hat. Auch wenn es aussichtslos erscheint, suchen wir beim Rückweg an den Stellen, an denen wir Fotos geschossen haben den grauen Akku im grauen Kies und finden ihn tatsächlich am Fuß der Lagune wieder. Tobi steht nämlich zufällig drauf…

Zurück am Auto müssen wir leider fetststellen, dass die Autobatterie leer ist, da wir vergessen hatten das Licht auszumachen. Ufff… Dank eines netten Argentiniers und dem Überbrückungskabel von Condor Campers sind wir aber schon in wenigen Minuten wieder auf dem Dampfer und machen uns auf die Suche nach einem Schlafplatz. Das sollte eigentlich einfach sein, denn die nette Rangerin hat uns gleich noch Auskunft über einen kostenlosen Stellplatz gegeben. Hier werden wir dann aber mit den anderen Touristen konfrontiert, denn hier stehen locker 30 andere Camper. Wir sind so abgeschreckt, dass wir erfolglos auf die Suche nach anderen Plätzen gehen, landen aber schlussendlich wieder dort. Um fair zu bleiben sollte man dazusagen, dass es Wochenende ist und sich auch einige Argentinier auf dem Stellplatz tummeln. Interessanterweise sehen wir aber auch etliche europäische Kennzeichen an den Campern, unter anderem aus dem Oberallgäu. Es scheint doch recht beliebt zu sein, seinen Camper nach Südamerika zu verschiffen..

Der nächste Tag ist verregnet und wir begnügen uns mit Wäschemachen, einem kleinen Spaziergang und dem ausgedehnten Besuch eines Café’s um unsere Weiterfahrt ein wenig zu planen. Außerdem finden wir für den Abend ein super nettes und leckeres veganes Restaurant, welches wir zur Abwechslung von unseren üblichen Koch-Repertoire an unserem Camping-Kocher ausprobieren wollten. Und das im Steak-Mekka Argentinien!!!

Der Abend wird aber noch ein wenig aufregend, denn wir stellen siedend heiß fest, dass wir uns am Start jenes Streckenabschnitts befinden, bei welchem Danny (unser Van-Vermieter) uns geraten hat, wegen der teils weiten Strecken bei jeder Möglichkeit vollzutanken. Eigentlich kein Problem, aber die nächsten drei Tankstellen nehmen nur Bargeld und der einzige Automat in El Chalten hat irgendein Problem mit unseren Kreditkarten (oder ist einfach nur leer). Zwar erhöht die nette Bedienung im Restaurant die Rechnung für ein wenig Bargeld, aber das reicht nur bis zur nächsten Tankstelle. Das ist zwar ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt, aber zur Not müssen wir halt einen Tag länger in El Chalten bleiben und hoffen dass der Bankautomat am Montag wieder aufgefüllt ist. Nachdem wir (mit ca. einer Stunde Verzögerung) dann aber unsere Wäsche wiederhaben, versuchen wir es ein letztes Mal am ATM und der letzte nimmt jetzt zumindest Kerstins Karte, wenn wir “Savings” statt “Credit” auswählen. Nochmal Glück gehabt und wir nehmen uns so viel wir tragen können Winking smile

Am letzten Tag unseres Aufenthaltes in El Chalten soll das Wetter dann klar sein und wir wagen den Aufstieg zum Fuß des Fitz Roy. Obwohl wir früh loslaufen, ist schon einiges los und es dauert bis wir es an den langsamsten Wandergruppen, Großfamilien und Sneaker-Trägern vorbeigeschafft haben und endlich etwas zügig laufen können und den Ausblick auf den (noch) nahezu wolkenfreien Fitz Roy genießen können. Dann beginnt der letzte Teil des Aufstiegs und der hat es nochmal in sich. Die insgesamt 10 km zum Fuß des Bergs sind nämlich dreigeteilt: Zuerst geht es moderat bergauf, dann ein langes Stück gerade und im letzten Kilometer nochmal etwas über 400m nach oben. Hier fühlen wir uns dann wie beim Tongariro Crossing in Neuseeland. Duzende ungeübte Wanderer quälen sich rutschend und stolpernd in einer Karawane Stufe für Stufe nach oben. Aber was soll man machen und außerdem lohnt es sich, denn mal wieder finden wir einen atemberaubenden Anblick vor, auch wenn sich um den Fitz Roy jetzt eine kleine Wolke gebildet hat, welche sich auch in den nächsten eineinhalb Stunden unseres Aufenthalts nicht lösen wird. Wir genießen es trotzdem und trotz teils bitterkalter Windböen bei sowieso schon negativen Temperaturen. Auch wenn der Abstieg nochmal unsere Nerven strapaziert, sind wir vollends zufrieden.

Das war dann auch der vorerst letzte längere Stopp in Argentinien, denn jetzt geht es wieder zurück nach Chile, das wir auf Grund von fast 1000km aber ein wenig dauern…

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