Der kleine chilenische Ort O’Higgins ist das Ende der “legendären” Carretera Austral, das südamerikanische Pendant zur Route 66. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen!
Zwischen El Chalten und O’Higgins sind es ca. 120 km Luftlinie. Wir brauchen dafür knapp vier
Tage… Um diese Entfernung zu überbrücken fahren wir nämlich ca. 1100km, davon rund 800 auf Schotterpisten, überqueren einen Grenzübergang und nutzen eine viermal täglich verkehrende Fähre. Außerdem ist es wie bereits erwähnt jene Strecke, vor der uns wegen Benzinmangels gewarnt wurde. Und es kommt so wie es kommen musste, die dritte und für uns wichtigste Tankstelle ist leer und wir müssen einen kompletten Tag auf neues Benzin warten… ![]()
Das klingt alles etwas negativer als es eigentlich ist. Die Warterei auf das Benzin in Bajo Caracoles können wir uns zum Teil mit dem Besuch einer beeindruckenden Menschenhöhle (Cueva de los Manos) mit ca. 10.000 Jahre alten Malereien vertreiben. Das vom Tankwärter um 15 Uhr angekündigte Benzin verzögert sich auf unbestimmte Zeit und wir warten an der Tankstelle mitten in der Pampa zusammen mit anderen Reisenden, u.a. einem anderen deutschen Paar, die mit dem gleichen Camper rumdüsen wie wir. Gegen 20 Uhr erscheint dann endlich die Tanklieferung und alle Wartenden jubeln einstimmig.
Ab dann wird die Strecke einfach nur bombastisch. Ein großer Teil verläuft nämlich durch Nationalparks oder Naturreservate, mit Urwald, grünen Wiesen so weit das Auge reicht. Immer eingerahmt von den immer höher werdenden Gipfeln der Anden. Unter anderem führt uns die Fahrt durch den Nationalpark “Parque Patagonia”, welcher von den Amerikanern Tom und Kris Tompkins zuerst aus eigenen Mitteln aufgebaut und später an die Nationalparkverwaltung Chiles überführt wurde. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, weil es geschafft wurde ca. 170.000 Hektar an Agrarfläche innerhalb von 20 Jahren zu renaturieren und das grenzübergreifend zwischen Chile und Argentinien.
Nachdem wir beim Grenzübergang nach Chile mal wieder alles Obst und Gemüse aufbrauchen müssen (und so langsam aufpassen müssen, dass uns bei den ganzen Grenzübergängen die Seiten im Reisepass nicht ausgehen), decken wir uns in der chilenischen Kleinstadt Cochrane neu ein. Dann beginnt der schönste Abschnitt der Fahrt. Zuerst 120km Schotterpiste zu einer (kostenlosen) Fähre, welche uns in etwas über einer Stunde über einen Fjord bringt. Anschließend nochmal 70km nach O’Higgins, entlang eines wunderschönen Fjords und malerischer Seen. Wir können es gar nicht glauben, dass wir diesen tollen Streckenabschnitt fast für uns haben.
Diese “Tortur” tuen sich nur wenige Touristen an – O’Higgins hatte diese Saison ca. 1300 Urlauber zu Gast. Dementsprechend ist es sehr ruhig, die meisten Besucher sind Fahrrad- und Motorradfahrer, welche es bis ans Ende der Carretera Austral schaffen wollen. Diese Straße soll nämlich die südlichen Gebiete Chiles mit der Hauptstadt Santiago verbinden. Aktuell geht das nur mit einem Boot oder über Argentinien. Ihr Ende liegt eben ca. 10 km südlich von O’Higgins, es bleibt also mit 400km Luftlinie nach Puerto Natales noch einiges zu tun…
In O’Higgins bleiben wir zwei Nächte, machen eine kleinere Wanderung und (natürlich) auch ein Foto mit dem Straßenschild, welches das Ende der Carretera Austral bezeugt.
Auf dem Weg zurück nach Cochrane nehmen wir noch das kleine Örtchen Caleta Tortel mit, welches mit Treppen und Stegen am Ende eines Fjords in den Hang gebaut ist und nur zu Fuß erkundet werden kann. Am Parkplatz stehen zwar zahllose Touristenbusse, der Ort ist aber erstaunlich ruhig. Die sind wohl alle auf einer der hier startenden Bootstouren zu einem der vielzähligen Gletscher.
Unsere Fahrt geht jetzt weiter in Richtung Norden, mal schauen wo es uns als nächstes hin verschlägt…