So schwer die Hostsuche in New York auch war, so einfach war sie in Boston. Wir hatten nämlich in Paris mit Nathan einen waschechten New Englander kennengelernt, welcher uns schon vor einem Jahr in München angeboten hatte ihn zu besuchen. Ende März haben wir daher die Busse für die Ostküste so gebucht, dass wir ihn am Ende seiner Arbeitszeit in einem Feriencamp besuchen können. Leider hat das nicht ganz so geklappt, wie wir uns das alle im März noch vorgestellt hatten, er und seine Freundin Liza beschlossen nämlich in der Zwischenzeit nach Austin, Texas zu ziehen und das genau an dem Wochenende, an welchem wir eigentlich ankommen wollten. Aber wer weiß schon im März was im August passiert? Wir auch nicht 😉 Daher buchten wir spontan die Busse so um, dass wir ihn in seiner letzten Woche in Boston noch abpassen konnten. Das bedeutete natürlich vor allem für Nathan eine stressige letzte Woche, aber wir glauben wir konnten ihn von der allgemeinen Anspannung ein wenig ablenken, aber mal der Reihe nach…
Eigentlich hatten wir den perfekten Plan, da unser Bus um 16:45 ankommen sollte, wollte Nathans Vater, welcher ganz in der Nähe des Busbahnhofs arbeitet um 17:00 Uhr abholen. Natürlich hatten wir die Rechnung ohne den Busfahrer gemacht, welcher 2 Stunden vor unserer Ankunft (bei 2 Stunden Restfahrzeit) einen 10 minütigen Stopp bei einem Burger Kind einlegte (wir sind uns sicher, dieser spezielle Burger King lässt sich diese Werbung einiges kosten). Bei einem zum Bersten gefüllten Bus mit 60+ Menschen dauert ein Stopp bei Burger King natürlich deutlich länger als 10 Minuten und so hatten wir schon knapp 25 Minuten Verspätung, was aber mit Nathans Vater gerade noch klappen könnte. Ihr könnt’s kaum glauben oder nicht, aber wir waren tatsächlich nicht die einzigen, die Montagnachmittag nach Boston wollten und so landeten wir im Stau. Damit war der Käse natürlich gegessen, denn natürlich wollten wir Nathans Vater nicht eine Stunde warten lassen. Das war alles nicht übermäßig schlimm, da Nathan uns einfach an einer U-Bahn-Haltestelle 15 Minuten von seinem Elternhaus entfernt abholte, aber merkt euch eins: Verlasst euch nie auf die Ankunftszeiten des Megabusses 🙂
Angekommen bei Nathan stellte er uns seinen beiden Brüdern (Aaron und Julian) und seinen Eltern (Paul und Devra) vor. Dabei muss man dazusagen, dass Nathan uns vorgewarnt hatte, dass in Neu England (also die Nordostküste der USA) alle Einwohner ein bisschen „workaholic“ wären und seine Familie da auch nicht viel anders wäre. So waren wir doch leicht beklommen, wie seine Eltern unser 11-monatiges Nichtstun so auffassen würden, aber das war natürlich vollkommen umsonst. Wie eigentlich alle unsere Erfahrungen in den USA, ist Nathans Familie vor allem eines: unglaublich nett und vollkommen unkompliziert und wir wurden direkt zum Abendessen eingeladen! Und währenddessen erfuhren wir dann auch mehr über die Familie und Nathans Abenteuer in Texas. Liza war bereits in Austin und hatte bereits mit ihrem neuen Job angefangen und er würde am Samstag nachfliegen, um hoffentlich noch einen Job als Assistenzlehrer vor dem Schulstart zu ergattern (wir hoffen das hat mittlerweile schon funktioniert 🙂 ) Aber das war nicht das einzige, denn sein jüngster Bruder würde am nächsten Montag ausziehen, um aufs College zu gehen und so waren inklusive uns 7 Personen im Haus um diese Zahl bis zum nächsten Montag auf 3 zu reduzieren. Manchmal schon verrückt in was wir so alles reingeraten.
Die nächsten drei Tage verbrachten wir in Boston, um uns alles Wichtige anzuschauen, z.B. Harvard, das MIT sowie alles Wichtige über die amerikanische Revolution. Diese nahm nämlich in Boston ihren Anfang (einigen ist vielleicht der Begriff der Boston Tea Party ein Begriff). Der erste Schuss der amerikanischen Revolutionäre fiel übrigens in Nathans Heimatdorf Concord (aber dazu später mehr). Natürlich lässt sich die Geschichte Amerikas nicht mit der Europas vergleichen, doch allemal deutlich spannender als in Australien oder Neuseeland! Durch die Innenstadt Bostons führt der 2.5 Meilen lange Freedom Trail, an welchem alle historisch wichtigen Stellen/Häuser/Denkmäler liegen. Neben einer Ranger-geführten kostenlosen Tour mit guten Erklärungen zur Boston Tea Party und weiteren wichtigen Personen zu Beginn der Revolution, erklommen wir noch das Bunker Hill Monument und schauten uns das Schiff USS Constitution samt Museum an, welches eine wichtige Rolle während und auch noch nach der Amerikanischen Revolution spielte und für die Amerikaner immer noch als ein Symbol der Freiheit gilt. Nicht zu vergessen machten wir noch eine 1-stündige Brauereiführung (Samuel Adams), welche absolut zu empfehlen ist, denn es wird ungefähr eine halbe Stunde über das Bierbrauen erzählt und die restliche Zeit Bier getrunken. Jawohl, richtig gehört! Nachdem jeder ein Glas bekommt und ein Krug Bier für ungefähr 6 Leute auf den Tisch gestellt wird, und wir 3 verschiedene Biersorten probieren durften, kann man diese Tour durchaus angeheitert verlassen. Haben wir dann auch! Wenn‘s schon mal Bier umsonst gibt, da muss man als Backpacker zuschnappen!
Abends wurden wir immer von Nathans Mutter mit den besten Leckereien verköstigt und einmal trafen wir uns mit einem Freund von Nathan auf ein Bier. D.h. nur Tobi, nachdem sich Kerstin eine kleine Erkältung zugezogen hatte (diese dämlichen Klimaanlagen immer in den Megabus-Bussen).
Am Freitag, Nathans letztem Tag in Boston, hatte er freibekommen und wollte uns sein Heimatdorf Concord genauer vorstellen. Schließlich fiel hier, wie vorher schon erwähnt, der erste Schuss der Revolution, d.h. der erste Schuss der Revolutionäre auf Befehl hin, und das alles auf einer Brücke, der Northbridge. Diese überquerten wir und schauten uns das dortige Museum noch ein bisschen an, sowie das Colonial Inn, das älteste Haus in Concord und gleichzeitig ein Hotel. Zum Mittagessen gingen wir in Nathans Lieblingspizzeria Sorrento’s und holten uns Clam Chowder (eine cremige Suppe bestehend aus Kartoffeln und gekochten Muscheln) beim lokalen Meeresfrüchte Laden. Abends kochten wir als ein kleines Dankeschön für die ganze Familie und Nathan machte noch ein Lagerfeuer, um uns in eine weitere Amerikanische Delikatesse einzuweihen: s’mores! Das funktioniert wie folgt: man nehme ein Marshmallow, stecke ihn auf einen Stock und halte ihn bis zur gewünschten Bräune ins Feuer. Anschließend wird dieser zwischen 2 Kekse und Schokolade befördert. Man warte ca. 1 Minute bis die Schokolade leicht geschmolzen ist et voilà: süß, süß und LECKER!!! Nach zweien ist man dann aber auch schon voll 🙂
Wir verabschiedeten uns traurigen Herzens von Nathan, da dieser schon Samstag um 5h früh in Richtung Flughafen aufbrach. Doch nachdem wir uns Samstagmittag vom Rest seiner Familie verabschiedet hatten, stand für uns noch ein kleines Highlight in Boston auf dem Plan: ein Baseball Spiel der Red Sox im Fenway Park! Ein super Amerikanisches Erlebnis, welches wir nicht missen wollten. Fazit: die Bostoner Red Sox haben gewonnen, deshalb war eine super Stimmung, das Stadion ist eines der ältesten und deshalb wirklich schön. Am wichtigsten aber, es ist wirklich richtig AMERIKANISCH! Mit vielen enthusiastischen Amerikanern, die ohne Ende ungesundes Essen in sich hineinstopfen! Es gibt nämlich zahlreiche Essensverkäufer, die mit ihrem Bauchladen die Treppen auf der Tribüne hoch und runter laufen und Hot Dogs, Hamburger, Erdnüsse, Popcorn, Eis, Limonade, Coke usw. verkaufen. Und dann mussten wir unser Amerikanisches Erlebnis leider abbrechen, denn wir wollten den Bus nach New London noch rechtzeitig erreichen. Wieso fahren die denn nach New London, das kennt ja kein Schwein, denkt ihr euch jetzt bestimmt. Doch das ist eine andere Geschichte, aber wir geben euch einen kleinen Tipp: es sollte dort zu einem Deutsch-Ungarischen Wiedersehen kommen…