Archiv der Kategorie: Kolumbien 2022

Medellin – wer braucht schon Schlaf?

Die zweitgrößte Stadt Kolumbiens wollten wir unbedingt noch sehen, sie hat nämlich nicht nur eine bewegte Geschichte mit Drogenkartellen und Pablo Escobar, sondern soll auch eine der aufstrebendsten und aufregendsten Städte Südamerikas sein. Und was soll man sagen, das merkt man an den Übernachtungspreisen, aber wir werden definitiv nicht enttäuscht. Wir kommen im Viertel “El Poblado” unter, in dem sich nicht nur die meisten Hostels, sondern auch die meisten Bars, viele (vegane) Restaurants und Cafés befinden. Unser Hostel hat seine besten Tage leider bereits hinter sich gebracht, das wäre jetzt nicht weiter tragisch, aber es liegt in direkter Nachbarschaft mit mehreren (Rooftop-) Bars. Dort läuft laut Musik bis 4 Uhr morgens und (schall)dicht sind weder Türen noch Fenster in unserem Zimmer. Naja was solls, wir haben ja nur einen Nachtbus und einen Nachtflug vor uns, da hilft es sicher beim Schlafen wenn wir leicht übermüdet sind Smile

Wir erwischen wieder ein Wochenende, und wie wir schon in Bogota erleben durften, ist dann das Stadtleben mindestens doppelt so interessant. Überall Märkte, Stände, Bands und Musik in öffentlichen Parks. Einfach die pure Lebensfreude, wie man sich Lateinamerika nur erträumen kann.

Aber das Highlight ist definitiv unsere Tour durch die mittlerweile berühmte “Comuna 13”. Vor 20 Jahren hatten hier noch die Drogenkartelle das Sagen: Überfälle, Straßenschlachten, Bandenmorde und Großeinsätze des Militärs waren an der Tagesordnung. Heute ist es eine florierende Gemeinde mit vielen Angeboten für Kunst und Kultur, sowie verbesserten Schul- und Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Unser Guide ist Anfang zwanzig und ist in der “Comuna 13” geboren. Er erzählt uns eindrucksvoll von der bewegenden Geschichte und wie er die Veränderungen als Kind und Jugendlicher miterlebt hat. Nebenbei bestaunen wir die Vielzahl an Straßenkünstlern, die sich hier samstags versammeln um Wände zu bemalen, zu singen, zu tanzen und Handwerk an die Vielzahl von Touristen zu verkaufen. 

Ein weiteres Highlight ist die Fortbewegung in der Comuna 13. Da Medellin zwischen mehreren Hügeln und Bergen liegt, erstrecken sich die verschiedenen Viertel bis in die Berge hinein (was natürlich auch die sozialen Probleme begünstigte). Mittlerweile gibt es eine Metro, welche die Viertel im Tal der Stadt miteinander verbindet, und wiederum an verschiedene Gondeln in die Berge der Viertel angeschlossen ist. So können auch die entlegendsten Ecken der Stadt am Nahverkehr teilnehmen. In der Comuna 13 gibt es allerdings keine Gondel, sondern sechs überdachte Rolltreppen, mit denen man den Berg erklimmen kann. Einfach eine super spannende Idee und da sich um die Rolltreppen herum die meisten Touristen und Künstler versammeln, wurde es zur Lebensader des Viertels. Alles in allem einfach eine tolle Atmosphäre und wir schlendern auch nach der Tour weiter durch das Viertel, um ein paar Souvenirs zu shoppen und den Sonnenuntergang bei einem lokalen Bier zu genießen.

Am zweiten Tag erkunden wir noch die historische Innenstadt und den Arvi Park, den man über eine rund 45-minütige Gondelfahrt erreicht. Wir besuchen den botanischen Garten und schlendern durch die verschiedenen Cafés und Bars, bevor wir den Nachtbus zurück nach Bogota nehmen um unseren Flieger zurück nach Europa zu erwischen.

Die Nachtbusse sind zwar nicht ganz so luxuriös wie in Peru, aber wir können uns trotzdem ein wenig ausruhen und noch ein Frühstück und den Nachmittag in Bogota genießen.

Leider passiert uns ein trauriges Missgeschick… Als wir unser Gepäck am Flughafen aufbewahren wollen, fällt uns auf, dass das Teleobjektiv unserer Kamera nicht mehr im Gepäck ist. Vermutlich ist es uns im Bus aus dem Rucksack gefallen, aber obwohl wir nochmal zum Busbahnhof zurückfahren und sogar unseren Bus finden, ist das Objektiv nicht mehr auffindbar. Sad smile Keine Ahnung wo das geblieben ist, vermutlich hat es jemand eingesteckt. Ein leider etwas trauriger Abschied aus Kolumbien, denn das Objektiv hat uns schon so tolle Dienste geleistet.

Am Abend bei einem letzten Coca-Tee lernen wir aber noch einen netten Kolumbianer kennen, mit dem wir uns fast 1,5 Stunden unterhalten, zumindest ein versöhnlicher Abschluss dieses Tages…

San Andres – ab auf die Karibikinsel, nach der wohl verrücktesten Busfahrt aller Zeiten

Nach sechs Tagen wandern steht uns der Sinn nach ein paar Tagen Strand, und da bietet die Karibik doch einige gute Plätze… Smile Wir entscheiden uns für die wohl bekannteste kolumbianische Insel San Andres, die man geografisch eigentlich eher Nicaragua zuordnen müsste. Deshalb müssen wir von Santa Marta zunächst zurück nach Cartagena um einen Flieger zu erwischen. Da wir ja schon am eigenen Leib die Unpünktlichkeit der Busse erfahren durften, machen wir uns mit fast drei Stunden Zeitpuffer auf zum Busbahnhof. Dort treffen wir auch Lena (aus Deutschland) und Amanda (aus Teneriffa) vom Lost City Trek wieder, die ebenfalls zum Flughafen nach Cartagena müssen…

Busfahrt zum Flughafen

Unsere Geduld wird direkt auf die Probe gestellt, der Bus, der eigentlich um 11 Uhr fahren sollte, steckt im Stau und kommt rund 30 Minuten verspätet an. Fast wären wir vier schon in einen anderen Bus gestiegen, aber als er dann ankommt geht es ja bestimmt schnell weiter… Pustekuchen… Wir stehen nochmal 30 Minuten rum bis wir losfahren, aber noch haben wir ja genug Puffer. Bis zur nächsten größeren Stadt Baranquilla geht es dann auch richtig flott, und wir bleiben guter Dinge, bis wir hier einen Stopp einlegen, der eigentlich nicht im Reiseplan stand. Wir haben nämlich extra einen Direktbus genommen, um uns genau diese Verzögerung in Baranquilla zu sparen. Naja sei’s drum, wir haben schon einen Plan B in der Tasche. Wir fahren einfach nicht bis nach Cartagena, sondern fragen den Busfahrer ob er uns etwas früher rauslässt, damit wir von einem kleinen Ort in der Nähe des Flughafens direkt in ein Taxi umsteigen können. Das spart uns voraussichtlich locker eine Stunde, da wir so den Stadtverkehr von Cartagena umgehen können.

Aber natürlich hat die kolumbianische Straße noch mehr für uns zu bieten…

Auf rund halber Strecke zwischen Baranquilla und Cartagena – und rund 30 Minuten vor unserem Umsteigepunkt – stecken wir plötzlich im Stau. Erstmal nicht so schlimm, aber als nach 15 Minuten immer noch nichts geht, fragt Amanda mal den Busfahrer was denn los ist. Und siehe da, die Einwohner eines kleinen Dörfchens rund 500m entfernt haben beschlossen die Straße aus Protest gegen eine Umgehungsstraße zu blockieren. Kommt wohl häufiger vor und kann sich noch ewig hinziehen. Deshalb ist wieder umplanen angesagt… Amanda diskutiert ein Weilchen mit dem Busfahrer und dann steht der Plan. Wir holen unser Gepäck aus dem Bus und lassen uns von einem Motorrad in den besagten Ort hinter die Straßenblockade fahren und versuchen uns von dort aus einen Transport zum Flughafen zu organisieren. Da nicht so viele Motorräder zur Verfügung stehen, fahren Amanda (ihr Spanisch ist einfach besser als unseres Open-mouthed smile ) und Lena schon mal vor und wir werden dann abgeholt. Als wir kurz nach den beiden ankommen, steht schon alles bereit. Die beiden haben einen TukTuk-Fahrer organsiert, der uns zum Flughafen fährt. Ja, richtig gelesen, wir fahren die letzten 50-60km zum Flughafen zu viert in einem TukTuk. Unsere Rucksäcke auf dem Dach, Kerstin, Lena und Amanda auf der Rückbank und Tobi vorne neben dem Fahrer, und los gehts…

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… und wir kommen tatsächlich an. Zwar teilweise quälend langsam und immer mit bangem Blick auf die Uhr – eigentlich stellen wir uns schon darauf ein, dass wir den Flieger wohl verpassen werden, aber wir versuchen unser Glück. Als wir ankommen, haben wir noch 50 Minuten Zeit bis zum Abflug, aber wir müssen unsere Rucksäcke aufgeben, also leider viel zu spät.

Wir rennen trotzdem zum Check-In, aber der ist natürlich schon geschlossen und obwohl die Dame uns mitleidig anschaut, hilft all unser betteln nichts. Sie meint dann nur noch, wir können ja zum Boarding gehen, aber unser Gepäck wird vermutlich ein Problem. Naja zumindest ein Strohhalm und wir haben ja nichts zu verlieren… Also rennen wir mit unserem gesamten Gepäck in Rekordgeschwindigkeit durch die Security – die Mitarbeiter am Flughafen nehmen das mit den Flüssigkeiten wirklich überhaupt nicht ernst. Am Boarding bequatschen wir dann die Stewardess noch ein bisschen, und dürfen tatsächlich unsere großen Rucksäcke mit ins Handgepäck nehmen.

Was für eine Busfahrt…. und auch von Amanda und Lena erfahren wir später, dass sie es noch rechtzeitig zu ihrem Flug nach Mexiko geschafft haben!!!! Winking smile

San Andres

Als wir am Flughafen in San Andres aussteigen, können wir es irgendwie immer noch nicht so ganz glauben, dass wir tatsächlich da sind. Es ist auch schon spät, und so gehen wir kurz was essen und fallen direkt ins Bett.

Am nächsten Tag ist dann einfach nur Strand angesagt. Wir bummeln ein bisschen durch die (leider echt hässliche) “Hauptstadt” der Insel, schlendern über die (ganz hübsche) Strandpromenade und nehmen nachmittags einen Bus zum Playa San Luis etwas außerhalb. Dort verbringen wir den Nachmittag im Meer mit ein paar Drinks und Snacks.

Tobi möchte nochmal tauchen gehen, deshalb wird er am nächsten Morgen zu zwei Tauchgängen am Riff vor der Insel abgeholt, und die Anzahl an Meerestieren ist hier einfach enorm. Überhaupt nicht mit dem Tauchgang vor Santa Marta zu vergleichen. Wir sind zu dritt mit unserem Guide unterwegs und sehen zwei Rochen, riesige Fischschwärme in allen Farben und zwei Krebse, die sich unter einem Wrack verstecken. Außerdem ist das Wasser glasklar und wir tauchen im Wechsel über Riffs, weißen Sand, wieder Riffs, usw. Leider hält Tobis Unterwasserkamera den Druck nicht so richtig aus, deshalb kommt ein bisschen Wasser vor die Linse und die Bilder werden alle verschwommen Sad smile

Für den Nachmittag mieten wir uns einen Roller und fahren über die rund 10km lange und 2km breite Insel, bevor wir uns abends nochmal im karibischen Meer abkühlen. Zuvor besteigen wir einen alten Kirchturm in der Inselmitte mit herrlichem 360°-Blick über die Insel, begutachten einen kleinen (und leider vollkommen unspektakulären) Geysir und finden sogar ein paar kleine, fast verlassene Strände. Die Insel ist nämlich nicht nur bei Kolumbianer:innen beliebt, sondern auch bei Amerikaner:innen, die sich hier mit zollfreien Importwaren eindecken können, und daher doch alles in allem recht gut besucht – auch wenn der große Ansturm vermutlich erst zu Weihnachten kommt.

An unserem letzten Tag auf der Insel fahren wir noch mit dem Boot auf die kleine Insel Johnny Cay (gesprochen “key”), ein paar Kilometer vor der Hauptinsel. Schon die Bootsfahrt ist ein Erlebnis, wir kommen klatschnass an und dürfen dann aus dem Boot in die Brandung vor der Insel springen. Keine Chance, dass sowas in Deutschland erlaubt wäre… Open-mouthed smile Gegen Mittag werden wir wieder abgeholt und treffen uns noch auf einen Coco Loco Cocktail mit Ruth, die gerade auf der Insel gelandet ist und uns sogar noch bis zum Flughafen begleitet. Und leicht angetrunken (der Cocktail besteht quasi nur aus Schnaps), steigen wir in den Flieger zu unserem letzten Stopp in Kolumbien, der ehemaligen Drogenhauptstadt Medellin…

Ciudad Perdida – 4 Tage Regen, Matsch und traumhafter Regenwald

Zusammen mit Ruth, die wir im Dschungel von Kolumbien kennengelernt haben, werden wir am Freitagmorgen abgeholt und zwei Stunden zum Dorf El Mamey, dem Ausgangspunkt des “Lost City Treks” gebracht. Dafür sitzen wir im Rückraum eines allradbetriebenen Jeeps, und der ist spätestens bei der zweiten Hälfte der Straße auch bitter nötig. Es geht durch tiefste Schlammgräben und durch Bäche, stetig nach oben.

Nachdem der Rest unserer Gruppe eintrifft, bekommen wir erstmal Mittagessen und lernen unseren Übersetzer Camillo und unseren Guide Daniel kennen. Während des Essens passiert das, was wir zwar erwartet, aber doch irgendwie gehofft hatten drumherum zu kommen. Es regnet. Erst leicht, dann wird es immer stärker. Nachdem es auch nach einer halben Stunde nicht nachlässt, werden wir zusammengetrommelt und Daniel erklärt uns den Weg. Camillo schließt mit den Worten “You will get wet, you will get muddy and dirty. The sooner you accept that, the sooner you’ll have fun” (Übersetzt etwa: Ihr werdet nass und schmutzig, findet euch damit ab). Gesagt getan, und wir stiefeln ausgestattet mit Regenponchos los in den Regen und hoch auf unseren ersten Berg. Erstmal nass, gewöhnen wir uns auch an das Schlammbad unter unseren Schuhen und versuchen eigentlich nur noch den tiefsten Schlammgruben auszuweichen. So an den Regen gewöhnt, fangen wir an die Situation und die Landschaft zu genießen und entdecken auf dem Weg sogar ein rund 2-3 Wochen altes Armadillo Junges auf der Suche nach Würmern <3

Irgendwann lässt der Regen dann auch ein wenig nach und wir erreichen unser erstes Camp, belohnen uns mit einer (kalten) Dusche, einem Bier und bekommen Abendessen. Wir vertreiben uns den Abend noch mit einem weiteren Bier und einem Kartenspiel mit unserer Wandergruppe, bestehend aus 2 Deutschen, einer Österreicherin, einer Spanierin, drei Kolumbianerinnen, Ruth uns uns. Dann geht es zeitig ins Bett, denn es wird am nächsten (und auch den weiteren Tagen) um 5 Uhr weitergehen.

Der Morgen begrüßt uns dann mit strahlendem Sonnenschein, und so trocknen unsere Klamotten und Schuhe zumindest ein wenig. Wir wandern durch indigene Dörfer und bekommen eine kleine Unterrichtsstunde über die indigenen Lebensgewohnheiten des Kogi-Stamms. Sie leben hier noch weitgehend nach ihren ursprünglichen Traditionen, ohne Schulen – wohl aber mit Fernsehern auf denen die WM geschaut wird – als Farmer in ihren Gemeinschaften. Und natürlich durchwaten wir wieder Schlammlöcher und genießen die herrliche Landschaft und das sagenhafte Gefühl ohne Stress durch den Dschungel zu wandern.

Unser “Basislager” erreichen wir wieder im Regen – aber bei weitem nicht so ein Sturzbach wie noch am ersten Tag und nach einer weiteren Routine an Bier, Essen, Kartenspiel&Bier, Schlafen und 5 Uhr aufstehen, geht es nach einer Flussüberquerung mittels Zipline 1200 uralte Stufen steil nach oben zur “verlorenen Stadt”. Und wir sind absolut positiv überrascht. Haben wir die Wanderung eigentlich eher aus dem Reiz an der Mehrtagestour begonnen, entpuppt sich die archäologische Fundstätte als unglaublich schöne, große und beeindruckende Stadt. Mit Machu Picchu lässt es sich schwer vergleichen, aber schon alleine die Tatsache, dass sich nicht 12000, sondern rund 80 Leute in der Stadt befinden, gibt uns ein ganz anderes Gefühl für die Tayrona Kultur, die hier mehrere Jahrhunderte bis zum Auftauchen der Spanier gelebt hat. Daniel und Camillo erklären uns die Besonderheiten, während wir die vier zugänglichen Teile der Stadt besichtigen. Tatsächlich erstreckt sie sich aber über mehrere km² über Berghänge und steht den Inkastädten in Peru in nichts nach.

Nach rund drei Stunden in der Stadt machen wir uns auf den Rückweg zu unserem dritten und letzten Lagerplatz. Hier springen wir erstmal kurz in den Fluss um uns vom Tagesmarsch zu erholen und bei Bier und Abendessen das Erlebte zu diskutieren. Da wir den gleichen Weg zurücklaufen müssen, geht es wieder zeitig ins Bett und früh los – bis zum Ausgangspunkt der Wanderung nach El Mamey sind es noch weitere 17 km. Mit dem Highlight der Wanderung im Rücken, ziehen die sich jetzt doch ganz schön lange hin, und so langsam werfen die immernassen Füße auch Blasen. Aber wir gehen es als Gruppe recht gemütlich an, genießen den sonnigen Tag und gönnen uns einen ausgedehnten Kuchenstopp am ersten Camp. Wir sind dann zwar die letzten zurück in El Mamey, aber wir finden dadurch schmeckt das dort auf uns wartende Essen noch viel besser.

Nachdem wir uns von Daniel, Camillo und unserem Koch Samuel verabschiedet haben, geht es im Jeep zurück in Hostel, wo wir mit Ruth den Abend verbringen. Am nächsten Morgen geht es mit dem Bus zurück nach Cartagena, die karibischen Inseln warten auf uns…

Santa Marta – ein Nationalpark am Fuße der Karibik

Von Cartagena nach Santa Marta ist es nicht allzu weit und deshalb können wir (endlich) das kolumbianische Fernbussystem ausprobieren – das wir ja in Peru so liebgewonnen haben. Dummerweise hat sich Kerstin den Magen verdorben und so wird schon die etwas holprige Taxifahrt zum Busterminal etwas anstrengend für sie. Glücklicherweise sind die Busse doch sehr komfortabel und so helfen die Medikamente für den Magen, und eine ordentliche Portion Schlaf im Bus, Kerstin wieder auf die Beine.

Da unser Hostel sehr hübsch ist und Kerstin ein wenig Ruhe braucht, bleiben wir eine Nacht länger als geplant. So können wir unsere nächsten Schritte planen, Kerstin kann entspannen und Tobi kann seine Tauchfähigkeiten bei einem überraschend preiswerten Tauchgang ein wenig auffrischen.

So gestärkt, lassen wir am darauffolgenden Tag den Großteil unseres Gepäcks im Hostel und fahren mit unserem Tagesgepäck für eine Nacht in den Tayrona Nationalpark, der sowohl für seinen Urwald als auch für seine vielen Strände bekannt ist. Wir betreten den Park durch einen Nebeneingang und wandern zunächst rund 3 Stunden über eine kleinen Berg und durch den Urwald zum Playa Brava, wo wir eine Unterkunft für eine Nacht am Strand reserviert haben. Von Affen begleitet und von einer Schlange kritisch begutachtet, finden wir uns mit vielleicht einem Duzend weiterer Urlauber an einer kleinen Bucht wieder. Von unserem auf Stelzen stehenden Bungalow mit Hängematte und Schaukelstuhl auf der “Terrasse”, genießen wir einen ruhigen Nachmittag mit Blick auf den Strand. Natürlich springen wir nach der zwar nicht anstrengenden, aber durch die hohe Luftfeuchtigkeit doch sehr schweißtreibenden Wanderung, erstmal ins Meer! 😉 Den Abend lassen wir dann beim Abendessen im Gemeinschaftsraum und einem Kartenspiel mit drei anderen Rucksacktouristen ausklingen. Da es abends zu regnen anfängt, verwandelt sich die Wiese vor dem Strand in ein kleines Moor und wir waten barfuß zurück zu unserem Bungalow – vorbei an einer Menge Kröten und begleitet von ihrem Quaken 😉

Am nächsten Morgen geht es direkt nach dem Frühstück zurück in die Wanderschuhe und nochmal 3 Stunden durch den Dschungel zum Playa San Juan, dem “Highlight” des Parks. Wir sind zwar etwas zu spät aufgestanden um den Touristenmassen vom Haupteingang zu entgehen, aber schon der Weg ist ein Erlebnis. Zunächst landen wir an einem quasi verlassenen Strand und machen es uns dort etwas gemütlich, bevor wir durch ein rund 70m langes und teilweise knietiefes Schlammloch waten müssen. Den nächsten Strand im Blick macht das ohne Schuhe zwar richtig Spaß, aber ein komisches Gefühl bleibt doch, wenn man an die zahllosen Spinnen, Schlangen und Würmer denkt, die sich vielleicht am Grund des Lochs tummeln. Aber bis auf einen kleinen Spreißel in Kerstins Fuß, bleiben wir von ungeliebten Überraschungen verschont und genießen die Abkühlung am Playa San Juan.

Der weitere Weg durch den Park gestaltet sich als nicht mehr so anstrengend, aber genau so schlammig, und so wandern wir von Strand zu Strand, durch ein Schlammloch nach dem anderen in Richtung des Haupteingangs des Parks, von wo aus wir den Bus zurück zum Hostel nehmen. Dort treffen wir uns wieder mit Ruth aus England, mit der wir die nächsten 4 Tage auf die Suche nach einer verlorenen Stadt gehen werden, aber das ist eine neue Geschichte…

Cartagena – Koloniale Karibik

Mit den Eindrücken des Amazonas im Kopf, vergeht der Flug nach Cartagena im Nu. Wir dösen schon beim Zwischenstopp in Bogota ein und Tobi bekommt vom zweiten Flug gar nichts mehr mit. In Cartagena kommen wir erst nach Mitternacht an, fahren direkt ins Hostel und fallen sofort ins Bett.

Am nächsten Tag erkunden wir in aller Ruhe die koloniale Altstadt am Karibischen Meer und sind direkt ein wenig verzaubert. Sie ist durchzogen von bunten Häusern in kleinen Gassen, teilweise überhangen mit bunten Fähnchen und Lichtern – glücklicherweise nur teilweise gestört durch die langsam nahende, grausame Weihnachtsdekoration. Außerdem ist Cartagena der Ausgangspunkt zu den vielen karibischen Inseln vor der Küste Kolumbiens und Panamas.

Wir starten den Tag mit einem interessanten Frühstück, mitten in einem einmaligen Regenschauer. Die Straßen sind nicht nur einfach überflutet, sie verwandeln sich in der engen Altstadt – in dem auch unser Hostel ist – in knöcheltiefe Bäche. So was haben wir selbst in Asien noch nicht erlebt, einfach unglaublich beeindruckend.

Nachdem der Regen gegen Mittag nachlässt, erkunden wir die Stadt, trinken leckeren Kaffee, entscheiden endgültig auf Milchalternativen in Kolumbien zu verzichten – das haben sie hier wirklich noch nicht drauf ☹ -, lassen uns ein wenig von der WM-Stimmung mitreißen und gehen auf eine Free Walking Tour. Leider ist letztere so ziemlich die schlechteste, an der wir je teilgenommen haben uns so verlassen wir sie nach ca. der Hälfte um die Sonne von der Stadtmauer mit einem Bier zu verabschieden.

Hätten wir die letzten Tage im Dschungel schon recht viel Entspannung erlebt, wären wir sicher ein bisschen länger zum Abschalten geblieben. Aber uns rufen die tropischen Strände im Tayrona Nationalpark und eine verlorene Stadt in der Nähe von Santa Marta, vielleicht bleibt uns ja auf dem Rückweg nach Bogota noch Zeit für einen Inselzwischenstopp.

Leticia – drei Länder, ein Wald und überall Wasser

Nach unserem Regenwalderlebnis in Peru konnten wir uns die Chance einfach nicht entgehen lassen, den echten Amazonas mit eigenen Augen zu sehen. Wobei sehen ist eigentlich untertrieben, man erlebt den Amazonas einfach mit allen Sinnen, aber der Reihe nach…

Wir landen gegen Mittag in Leticia, dem Ausgangspunkt in das Amazonasgebiet von kolumbianischer Seite. Aber eigentlich spielen Grenzen hier keine Rolle, auf der anderen Seite des Flusses liegt Peru und ein paar hundert Meter die Straße entlang, landet man im brasilianischen Tabatinga. Am Nachmittag in Leticia buchen wir uns eine 4-Tages-Tour in den Dschungel, laufen kurz nach Brasilien und werden zweimal von sinnflutartigem Regen überrascht – glücklicherweise sind wir vorbereitet und haben immer Schirme dabei.

Am nächsten Morgen soll unser Dschungelabenteuer losgehen, davor lernen wir beim Frühstück noch unsere beiden Mitreisenden Ruth aus England und Alexandra aus Spanien – was noch sehr nützlich werden wird – kennen. Es geht zunächst mit einem kleinen Boot nach Brasilien und dann weiter mit einem Schnellboot den Amazonas entlang bis wir den Nebenfluss „Rio Javari“ in Peru erreichen. Diesem folgen wir noch einige Kilometer bis zu einem weiteren kleinen Nebenfluss, an welchem unsere Unterkunft „Zacambu Rainforest“ in Peru gelegen ist.

Man merkt schon, überall ist Wasser und es dauert auch eine Weile, bis wir die Ausmaße so richtig verinnerlicht haben. Es sind einfach unverstellbare Mengen Wasser, die sich hier durch den Dschungel schlängeln. Wir sind zu Beginn der Regenzeit hier, die Wasserstände sind also noch niedrig, steigen aber ständig an, bis der Amazonas im April/Mai seinen höchsten Stand erreichen wird und mehrere Meter (!!!) über dem heutigen Stand sein wird. Und wir erleben selbst, wie innerhalb dieser vier Tage der Wasserstand um mehrere 10 Zentimeter steigt.

Von unserer Unterkunft aus unternehmen wir die nächsten vier Tage viele Aktivitäten, die wir teilweise auch schon aus Puerto Maldonado kennen. Hier liegt der Fokus aber mehr auf ausgedehnten Wanderungen durch den Regenwald und Bootsfahrten entlang der Flüsse. Wir schwimmen im Fluss (übrigens, hier gibt es Piranhas), suchen Kaimane und pinke Delfine, entdecken eine Vielzahl von Vögeln und sichten sogar einen Ameisenbären, der auf einen Baum flüchtet als er uns hört, und ein Faultier. Da unser Guide fast nur Spanisch spricht, übersetzt Alexandra zunächst für uns oder wir verständigen uns mit Händen, Füßen und den paar Brocken Spanisch die Ruth und Kerstin so zusammenbekommen.

Am zweiten Tag kommt dann noch eine Gruppe Amerikaner und zwei Züricher dazu und wir gehen zum Piranha-fischen. Zunächst ist Ruth so hysterisch, dass sie etwas gefangen hat, dass sie den Fisch beinahe auf Tobis Kopf schleudert. Dann entkommt ein Piranha aus irgendjemandes Händen und springt durch das Boot und zu guter Letzt ist einer der Amerikaner so fasziniert von seinem Fang, dass er seinen Piranha kurz aus den Augen lässt und prompt in den Finger gebissen wird – ihm fehlt danach ein Stück seiner Fingerkuppe… Da sind wir doch ganz froh, dass wir uns mit zuschauen begnügen, und Tobi und eine der Amerikanerinnern Spaß daran entdecken die Piranhas vom Boot aus mit Hühnerhaut zu füttern.

Am dritten Tag steht für Ruth und uns eine 6-stündige Wanderung durch den Dschungel auf dem Programm, hier sehen wir wieder einige faszinierende Tiere, zwei Tukane, Taranteln und wunderschöne Vögel… und wir kommen nach der Hälfte der Wanderung in einen rund einstündigen Regenschauer. Danach zeigt sich der Regenwald mit einem völlig anderen Gesicht, alles glänzt mystisch und man merkt, wie sich die Tiere langsam wieder aus ihren Verstecken trauen.

Am letzten Tag paddeln wir noch mit einem Kanu durch den See neben der Lodge (welcher zur Hochregenzeit mit dem Fluss verbunden ist), bevor wir zurück nach Leticia gebracht werden und in den Flieger in Richtung Cartagena steigen und diese ereignisreichen Tage erstmal verdauen können..

Bogota – Straßenkunst und ganz viel Lebenslust

Da Kerstin erst zwei Tage nach Tobi in Bogota ankommt, ist genug Zeit die Stadt zu erkunden und auch ein paar Einheimische kennenzulernen. Tobi trifft sich mit einer Gruppe Couchsurfern, erkundet die Vielzahl von vegetarischen und veganen Restaurants und tollen Cafés. Nach dem ausgeschlafenen Jetlag kann sich Kerstin dann direkt mit in das bogotanische Leben stürzen!

Anders als Lima und andere Städte in Südamerika, vermittelt uns Bogota direkt ein ganz anderes Lebensgefühl. Die Stadt fühlt sich lebendig an, die Straße neben unserem Hostel verwandelt sich jeden Morgen in einen endlos langen Straßenmarkt und die Menschen scheinen einfach zufrieden. Zwar hört man immer wieder Geschichten über ausgeraubte Reisende, aber wir versuchen uns von den „gefährlicheren“ Gegenden fernzuhalten und haben keinerlei komische Begegnungen – bis auf ein paar Versuche uns Marihuana anzudrehen…

Neben dem leider sehr langweiligen Hauptplatz „Plaza de Bolivar“, fahren wir auf den Berg „Monserrate“, laufen durch den Stadtpark und nehmen an einer Graffiti-Tour durch die herrliche Altstadt Bogotas teil. Der Guide erzählt uns viele Geschichten über die Hintergründe der Künstler:innen und über ihre Motivation hinter den Bildern. Zwar ist Graffiti in Bogota illegal, aber in diesem Teil der Stadt geduldet oder sogar gewünscht, da viele Anwohner Geld für die Bemalung ihrer Häuser bezahlen. Und am Ende der tollen Tour gibt es sogar noch Coca-Tee in einem netten kleinen Café.

Nach drei Nächten entscheiden wir uns dann um und fahren nicht zuerst an die Küste, sondern direkt in den Dschungel nach Leticia, der Amazonas ruft uns..

Dallas – die heimliche Hauptstadt Amerikas – Echt jetzt?

Bevor unsere eigentliche Reise losgehen kann, ist Tobi noch für die Uni in Dallas eingespannt.

Irgendwie übt Texas schon seinen Reiz auf uns aus, aber bisher haben wir es über den Flughafen Dallas noch nicht hinausgeschafft. Long story, short: Verpasst haben wir nichts. Dallas hat zwar viel vom „American Way of Life“ zu bieten, aber da bekommt man an anderen Plätzen in Amerika deutlich mehr geboten. Zwar ist das Konferenzprogramm gefüllt mit tollen Aktivitäten, wir gehen in ein Jazz House, zum Top Golfen und zu einem NBA Spiel, aber die Stadt Dallas an sich hat bis auf die Abschussstelle von J. F. Kennedy einfach keine wirklichen Highlights zu bieten. Vielleicht muss man raus aus der Stadt um das „echte Texas“ zu erleben, dafür ist aber nicht genug Zeit.

Nebenbei vermittelt mir Nathan den Kontakt zu seinem Cousin Chris, der gerade mit seiner Verlobten in Dallas lebt. Wir treffen uns zweimal zum Essen, und verabreden uns für Weihnachten in München, aber für mehr „Insider-Aktivitäten“ in Dallas bleibt leider auch keine Zeit.

Von Dallas aus geht es für Tobi dann direkt nach Bogota, und zwei Tage später trudelt Kerstin dann auch ein 🙂