Jetzt sitzen wir also an der Bootshaltestelle auf Mfangano Island und stellen uns auf 1-2 Tage Boots- und Busfahrt für eine Strecke von rund 450km ein. Zumindest glauben wir, dass wir den Dreh mit Shuttles und Matatus so langsam raushaben, unser wichtigster Begleiter ist “Ruhe bewahren” und “Busse vergleichen” (dazu später mehr). Zunächst aber sind wir von der Fähre ein bisschen enttäuscht. Unsere erste Erfahrung war so entspannt und pünktlich (!!!), dass wir gar nicht auf die Idee kommen auf eines der Langboote zu steigen, die uns quasi unablässig bedrängen doch bitte mit ihnen mitzufahren. Das Prinzip hier scheint ähnlich wie bei Matatus zu sein, sobald das Boot voll ist, legt es ab. Aber trotz einer gewissen Neugier auf ein solches Boot, denken wir immer an das Motto der Fähre “arrive alive”. Das leider seine Berechtigung hat, denn es sind wohl schon viele Unfälle mit diesen übervollen Langbooten passiert.
Naja, gegen Mittag sind wir dann runter von der Fähre am Festland und los geht die wilde Fahrt in Richtung Mt. Kenia.
Abfahrtsort: irgendwo am Ufer werden wir schon was finden
Abfahrtszeit: undefiniert
Umsteigen: unbekannt, aber mindestens zwei mal in Kisii und Nakuru
Ankunftszeit: hoffentlich am nächsten Tag
Tatsächlich läuft es relativ gut, wir überreden den Fahrer eines Autoshuttles (kein Van) uns vom Boot direkt nach Kisii zu fahren, dadurch bleibt uns ein Umstieg erspart. In Kisii finden wir relativ schnell ein Shuttle und die Wartezeit ist mit einer Stunde auch erträglich, nur gestaltet sich die Ausfahrt aus der Bushaltestelle als Verkehrschaos und das kostet uns nochmal locker eine Stunde. Dadurch sind wir (nach einer wunderschönen Fahrt durch das kenianische Hochland) erst gegen 21 Uhr in Nakuru, nehmen uns ein Hotel, finden am nächsten Morgen fast problemlos ein weiteres Shuttle und und sind gegen Mittag in Nanyuki.
Also voll im Soll, aber die Fahrt ist so lang, dass es Zeit wird für ein paar Anekdoten während der Busfahrten:
- Unsere Hautfarbe wirkt an den Bushaltestellen wie ein Magnet. In dem Moment, in dem wir dort ankommen werden wir von einer Traube von Menschen umringt, die uns in den besten (typischerweise ihren) Bus verfrachten möchten und möglichst viel Geld mit uns verdienen wollen. Es gibt nämlich keine offiziellen Buspreise für eine bestimmte Strecke und wir zahlen, wie wir im Nachhinein öfters mal rausfinden, teilweise 50% mehr als die Einheimischen (also 6 statt 4 EUR oder so…^^). Später in Mombasa werden wir auch mal gefragt, ob wir nicht nach Nairobi fahren möchten und als wir das verneinen versucht er uns dazu zu überreden, weil Nairobi doch so ein tolles Nachtleben hätte…
- Sitzt man mal im Bus, kommen ständig Straßenverkäufer vorbei, die typischerweise Snacks verkaufen. Am Anfang ist das noch irgendwie komisch aber – insbesondere Tobi – macht sich irgendwann einen Spaß daraus und beginnt mit den Händler:innen zu quatschen und das führt (zur Belustigung des ganzen Busses) zu den lustigsten Gesprächen:
- Uns wird das Versprechen abgenommen, unseren ersten Sohn “Johnny” zu nennen…
- Ein gut gelaunter, hüftschwingender Verkäufer mit einem tragbaren Lautsprecher versucht uns “seine” Musik auf einer SD-Karte zu verkaufen. Nachdem Tobi ihm erklärt, dass er keinen SD-Karten-Slot am Handy hat und deshalb die Musik gar nicht hören könne, zieht er ab. Als er wieder kommt versucht er es erneut mit anderen Argumenten, aber es stellt sich heraus, dass es gar nicht “seine” Musik ist, sondern nur ein Mixtape, das er zusammengestellt hat.
- Ein Händler versucht uns ein (schweres) Vorhängeschloss anzudrehen. Nachdem Tobi mit Verweis auf unsere Rucksäcke fragt, was wir denn bitte damit abschließen sollen, meint er nur “Your House” und der ganze Bus fängt an zu lachen.
- Kerstin wird Gift gegen Nagetiere vor das Gesicht gehalten. Nachdem sie einen Lachanfall bekommt – normalerweise verstecken sich in unseren Rucksäcken keine Mäuse – fühlt sich der Händler wohl etwas gekränkt. Er versucht es dann mit weiteren Giften gegen Pflanzen usw.
- Tobi fragt eine der Verkäuferinnen “where do you live”, was sie irgendwie falsch versteht und fragt hoffnungsvoll “what? you love me?”. Nachdem der ganze Bus in Gelächter ausbricht und sie merklich rot wird, geht das Gespräch noch ein bisschen weiter.
- Eine junge Frau macht ungläubige große Augen, als ihr vorgeschlagen wird sich neben Tobi zu setzen. Anschließend kuschelt sie sich aber halb auf Tobis Sitz… (erst später verstehen wir, dass auf die Bank mit drei Sitzen noch eine vierte Person sitzen soll und sie deshalb vielleicht schon versucht hat Platz zu schaffen….
) Im Laufe der Fahrt entwickelt sich dann ein total nettes Gespräch mit ihr!!!
- In einem Auto-Matatu werden wir aufgefordert 2 Dollar extra zu zahlen, damit wir hinten nur zu dritt und nicht zu viert sitzen dürfen…
- Transportiert wird alles und überall, wo noch ein freies Plätzchen im Bus ist. Zu Kerstins Füßen werden einmal mehrere Ananasse platziert
- Wir lernen auf einer Fahrt einen Soldaten kennen, der es dann irgendwie schafft unsere Taschenmesser und Nagelfeile durch die Kontrolle im Zug zu schleusen (hier darf man nämlich keine spitzen Gegenstände transportieren, schlimmer als am Flughafen^^)
- Tiere: In Guatemala hießen die Busse ja “Chicken Busses”, weil unter anderem auch Tiere transportiert werden (auch wenn wir es nicht miterlebt haben). Hier ist das nicht anders, zumeist sind es Hühner, die an den Beinen zusammengebunden und verängstigt auf dem heißen Teer an den Bushaltestellen sitzen. Einmal gackert es unter Tobis Sitz aus einem Schuhkarton… Auf einer anderen Fahrt hat eine Frau ein Huhn auf dem Schoß und das pickst von hinten in Tobis Sitz. Auch wenn man natürlich ehrlicherweise sagen muss, dass das in der Massentierhaltung in Europa sicher nicht tierfreundlicher zugeht, damit so konfrontiert zu werden ist nicht gerade das Highlight der Reise.
Die ganze Fahrerei ist einfach ein Erlebnis für sich!!!