Die Stadt Siem Reap ist der natürliche Ausgangspunkt für das UNESCO Weltkulturerbe “Angkor Wat”. Auch wenn wir das mit den “Reise-To-Do”-Listen nie sonderlich ernst genommen haben, wollten wir die berühmtesten Tempel Südostasiens doch spätestens seit Mexiko mal genauer unter die Lupe nehmen – und sei es nur um die Unterschiede zwischen Majas und Khmer kennenzulernen. Eines ist uns bereits zu Beginn klar, dieser Abstecher wird nochmal Massentourismus pur, und teuer wird es auch. Kambodscha schlachtet sein (einziges) Wahrzeichen nämlich schamlos aus und angekommen am Hotel fühlt man sich echt gemolken. 30 USD für das Visum, 62 USD für den Eintritt zu Angkor Wat und 30 USD für den Transport zwischen den Tempeln – pro Person. Aber, wir wussten es ja vorher und gönnen uns das einfach. Ist ja schließlich quasi Weihnachten…
Angkor Wat ist nicht nur ein Tempel, die Anlage besteht aus hunderten Ausgrabungsstätten, Angkor Wat ist lediglich der berühmteste unter ihnen. Theoretisch könnte man alle wichtigen Tempel problemlos an einem Tag besuchen. Danach fühlt man sich aber vermutlich wie nach einem Besuch aller Kirchen in Rom an einem Tag und das wollen wir tunlichst vermeiden. Der beste Tipp um den Besuchermassen zu entkommen ist früh aufstehen und mittags zurück sein. Dementsprechend sieht dann auch der Alltag für die nächsten Tage aus: Früh aufstehen (4 Uhr), Tempel besichtigen, am frühen Nachmittag zurück, ein paar Stunden am Hotelpool entspannen und abends auf den Nachtmarkt und essen. Kann man aushalten, oder?
Wir entscheiden uns, die Anlage an drei Tagen zu besuchen und buchen auch gleich unseren Tuk Tuk Fahrer vom Flughafen zum Hotel für die nächsten 3 Tage. Mit einer Gesamtfläche von 200km2 ist die Anlage leider zu groß, um zu Fuß besichtigt zu werden. Da wir bereits um 10 Uhr am Hotel sind (und nachdem der Dussel von Hotelbesitzer unseren kostenlosen Flughafen-Pick-Up verdaddelt hat – der hat wohl noch nie was davon gehört, dass man nicht in 30 Minuten in ein Land einreisen kann), nehmen wir uns für den Nachmittag die kleinste Tempelgruppe, die sogenannte Roluos Group vor. Die größten und berühmtesten Tempel heben wir uns für den letzten Tag auf, um uns nicht gleich zu Beginn sämtlichen Spaß an den kleineren zu nehmen.
Und die Strategie geht auf. Den ersten Tempel den wir besichtigen, “Bakong”, hätten wir am letzten Tag vermutlich nur noch mit einem müden Lächeln betrachtet. So aber können wir unseren ersten Tempel vollkommen unvoreingenommen genießen und der erste Blick auf einen dieser Tempel (egal welchen) raubt einem einfach kurzzeitig den Atem. Die Steinformationen, die Gravuren des Felsens und die Statuen (vor allem Elefanten, Löwen und verschiedene Gottheiten) umgeben die 800 Jahre alten Tempeln mit einer mystischen Atmosphäre. Nach zwei weiteren kleineren Tempeln (Praeh Ko und Lolei) ist dieser erste kleine Vorgeschmack auch schon wieder vorbei. Anschließend können wir auch im Hotel einchecken und uns am Pool ein wenig das frühe Aufstehen aus den Knochen schwimmen – wir sind ja schließlich seit 3 Uhr wach! Abends gehen wir noch auf den Nachtmarkt und in einem leckeren vegetarischen Restaurant essen (Stichwort: Fresh Spring Rolls, ein absoluter Traum!).
Der zweite Tag beginnt für uns mit dem vermutlich berühmtesten Sonnenaufgang Asiens, am Seerosenteich vor Angkor Wat, um die Sonne hinter dem Tempel aufgehen zu sehen. Leider ist dieses Erlebnis – so schön es auch ist – von Busladungen voll Touristen vor dem Teich geprägt. Schon die Fahrt dahin gestaltet sich als regelrechtes Tuk Tuk Rennen und obwohl wir schon früh da sind (wir werden um 5 Uhr abgeholt), schaffen wir es nicht einen Platz direkt am See zu ergattern. Wir möchten am liebsten jeden Besitzer dieser gefühlt zwei Meter langen Selfie-Sticks, die uns in die Nase gehalten werden mit einem Tritt in den See befördern. Dementsprechend doch ein wenig ernüchtert geht es weiter mit dem sogenannten “Big Circle”, welcher die Tempel Krayan, Pre Rup, East Mebon, Ta Som, Neak Pean und Preah Kan umfasst. Wir machen die Tour gegen den Uhrzeigersinn (und damit entgegen der Touristenmassen) und bleiben dadurch bei den meisten Tempeln fast allein, was uns ein wenig für den Sonnenaufgang entschädigt. Vor allem die teils wild umwucherten Ruinen von Ta Som finden wir sehr beeindruckend und liefern einen Vorgeschmack auf den nächsten Tag.
Dieser beginnt wieder mit dem Sonnenaufgang, diesmal aber mit dem Bergtempel Phnom Bakheng als Kulisse, welcher für die Ernüchterung des Vortages entschädigt. Als wir auf dem Berg ankommen, sind außer uns nur ungefähr 10 andere Touristen hier und wir haben Zeit die Dunkelheit, den Sternenhimmel und die langsam aufgehende Sonne zu genießen. Es werden zwar noch mehr (ca. 30 Leute), aber es stört die Stimmung bei weitem nicht so extrem wie am vorigen Tag bei Angkor Wat. Weiter geht es mit der größten Anlage und damaligen Hauptstadt Angkor Thom und dem Haupttempel Bayon, welcher von außen den Anschein eines massiven Bergs erwecken soll (und dies auch tut). Auch hier zahlt sich die frühe Stunde aus, denn wir sind 30 Minuten vor der offiziellen Öffnung dort, aber das stört niemanden. Und so sind außer uns nur 5 andere Personen im Tempel, was dem Schlendern durch die engen Gänge eine mystische Stimmung verleiht. Man bekommt ein klein wenig besseres Gefühl dafür, wie sich die Entdecker der Anlage vielleicht gefühlt haben müssen… Auch an den nächsten beiden kleineren (und eher unspektakulären) Tempeln sind wir noch sehr allein und werden dann leider bei Ta Prohm von den Touristenmassen eingeholt. Berühmt ist der Tempel vor allem aufgrund seiner Nebenrolle im ersten “Lara Croft” Film und deshalb drängen sich die Reisegruppen vor genau einem Bauwerk der Anlage, verteilen sich im Rest aber glücklicherweise relativ gut. Ta Prohm ist weniger wegen seiner Architektur, sondern vor allem für den Zustand der Ruine bekannt, denn hier hat sich der Urwald schon weite Teile der Anlage zurückgeholt. Die Bäume sind teilweise durch die Gemäuer gewachsen oder sogar auf den Gebäuden. Wenn man hier früh genug da ist, könnten wir uns bestimmt stundenlang in der Ruine aufhalten. Abgerundet wird der letzte Tag noch mit einem zweiten Besuch bei Angkor Wat. Wir müssen zwar ein wenig mit unserem Fahrer diskutieren, welcher eigentlich nach Hause möchte, aber wir bleiben hart und sind glücklich dass wir erst 50% des Preises gezahlt und somit ein Druckmittel in der Hand haben. Diesmal gehen wir auch in den Tempel und verweilen ein wenig an den wirklich erstaunlichen Reliefs.
Zurück im Hotel ist natürlich erst mal wieder Pool angesagt, bevor wir dann um 19 Uhr zum Flughafen und zu unserem Flug nach Bangkok zum letzten Abschnitt dieser Reise abgeholt werden. Wir haben jetzt definitiv erstmal genug Tempel gesehen, aber Angkor Wat ist eine Reise wert und wir sind glücklich den Aufwand auf uns genommen zu haben. Das nächste mal würden wir uns aber vermutlich lieber einen eigenen (und günstigeren) Roller mieten, hauptsächlich um die Diskussion mit dem Fahrer zu vermeiden und etwas unabhängiger zu sein.